Dieser Leserbrief von Sabine Matthes erschien in der heutigen SZ
(1.4.05) unter der Überschrift
"Wachsendes Bewusstsein für Isratine"!
Sehr geehrte Redaktion Leserbriefe,
beim Gipfeltreffen der Arabischen Liga in
Algier wurden die Äußerungen des libyschen Staatschefs Muammar el
Gaddafi über die Unfähigkeit der Israelis und Palästinenser zur
Lösung ihres Konflikts mit Gelächter quittiert. Dabei liegt Gaddafis
eigener Friedensvorschlag (den die SZ leider nicht erwähnte) eines
gemeinsamen jüdisch-palästinensischen Staates, wie er ihn in seinem
Weißen Buch "Isratine" (Israel+Palestine=Isratine) beschreibt,
durchaus im Trend eines wachsenden Bewußtseins, daß es für eine
Zwei-Staaten-Lösung zu spät ist. Für Meron Benvenisti,
ehemaliger stellvertretender Bürgermeister von Jerusalem, ergibt
sich die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in Richtung
binationaler Staat aus der Realität. Für ihn ist der politische
Zionismus das Opfer seiner Siege geworden, weil er den Traum eines
mehrheitlich jüdischen Staates durch die fortgesetzte Besiedelung
seit 1967 nicht mehr verwirklichen kann. Gaddafis
Friedensplan gibt sowohl jüdischen Siedlern das Recht, in dem von
ihnen als heilig betrachteten Judäa und Samaria zu leben, als auch
palästinensischen Flüchtlingen innerhalb Israels frei ihren Wohnsitz
zu wählen. Mit einer gemeinsamen jüdisch-palästinensischen Armee
wäre "Isratine" nicht länger Feindesland seiner arabischen Nachbarn,
sondern könnte, laut Gaddafi, der Arabischen Liga beitreten, und zur
Abrüstung aller Massenvernichtungswaffen des Nahen Osten führen.
Auch das israelische "Olga
Document", das letzten Sommer von hunderten israelischen
Intellektuellen wie Meron Benvenisti, Moshe Zimmermann und Moshe
Zuckermann, unterzeichnet wurde, vertritt anstelle von Trennung und
Teilung eine alternative Vision von jüdisch-palästinensischer
Gemeinsamkeit, Gleichheit und Partnerschaft in ihrer gemeinsamen
Heimat.
Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Matthes