Rede des Landtagsabgeordneten
Jamal Karsli in der Aktuellen Stunde des Nordrheinwestfälischen
Landtags am 24.11.04 zum Thema:
„Durch mehr
Miteinander zur besseren Integration von Muslimen“
Sehr
geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Gäste, sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen,
wir
reden heute über die Integration von Muslimen. Dazu zunächst
einige Zahlen. Worum geht es hier? Wir sprechen von weltweit 1,3
Milliarden Muslimen. Davon leben 20 Millionen in Europa, 3,5
Millionen in Deutschland. Diese sind zu einem großen Teil
eingebürgert. Ca. 200.000 davon sind deutschstämmig.
Was viele nicht wissen, ist, dass der Islam sich
wie auch das Christentum und das Judentum auf Abraham bezieht.
Es gibt insgesamt eine mehr als 90 %ige Übereinstimmung zwischen
diesen drei Weltreligionen. Hinsichtlich unserer religiösen
Wurzeln sind wir einander also näher als vielen bewusst ist.
Islam wird vom Begriff „Salam“ abgeleitet.
„Salam“ ist arabisch und heißt Frieden.
Deshalb lehne ich solche Begriffe wie islamischer
oder christlicher oder jüdischer Terrorismus ab. Denn Terror hat
keine Religion!
Meine Damen und Herren,
wie
so oft, werden auch in dieser Debatte gerne - bewusst oder
unbewusst - die Begriffe miteinander vermischt, bzw. unzulässig
gleichgesetzt. Zunächst: Nicht jeder Migrant ist ein Moslem und
nicht jeder Moslem ist ein Migrant. Zudem werden der Islam und
die Muslime in den Medien immer wieder mit Begriffen belegt wie
„Islamist“, „Fundamentalist“, „Terrorist“ und „radikal“.
Höchstens sind sie „Ultraorthodoxe“. Dies geschieht bei den
anderen Religionen und deren Vertretern nicht. George W. Bush
ist de facto ein christlicher Fundamentalist, denn er bezieht
sich auf die Fundamente des Christentums. In den Medien und in
der Öffentlichkeit wird er jedoch nicht als solcher bezeichnet.
Er wird lediglich als „neo-konservativ“ betitelt, wobei
konservativ ein positiver Begriff ist.
Bezogen auf das Christentum gibt es diese Verallgemeinerungen
und Stigmatisierungen also nicht. Z.B. nach einem Brandanschlag
lesen wir am nächsten Tag nämlich nicht in der Zeitung: „Ein
20jähriger Christ hat gestern einen Brandanschlag verübt.“
Auch bei dem Attentat auf Anna Lindh, der ermordeten
schwedischen Außenministerin, hieß es später nicht „ein Serbe“
oder ein „Orthodoxer“, sondern ein Verrückter hat sie ermordet.
Meine Damen und Herren,
wenn wir die Muslime integrieren wollen, müssen
wir ihre Religion, den Islam, in unsere Gesellschaft
integrieren.
Um den Islam zu integrieren, müssen mehr Dialoge mit
den islamischen Verbänden geführt werden, anstatt sie nur vom
Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
Ich finde den Vorschlag von
Christian Ströbele, einen islamischen Feiertag einzuführen, sehr
begrüßenswert. So wie ein „Wort zum Sonntag“ sollte es auch ein
„Wort zum Freitag“ geben. Der Vorschlag, die islamischen
Predigten zukünftig in deutsch zu halten, ist jedoch
problematisch. Erstens können derzeit viele der Muslime wenig
deutsch und zweitens können auch viele der Imame keine Predigten
auf deutsch halten. Dafür müssen von den Politikern erst die
entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden.
Meine Damen und Herren,
Veranstaltungen wie die Demonstration in
Köln am vergangenen Sonntag, an der ich auch teilgenommen habe,
sind sehr begrüßenswert. Jedoch halte ich es für falsch, dass
sich die Muslime ständig rechtfertigen müssen. Die allermeisten
Muslime haben nichts zu tun mit Terroranschlägen. Dennoch wird
von ihnen erwartet, dass sie sich öffentlich davon distanzieren.
Abschließend ein Appell an die Medien und die
Politik: Wir tragen zu diesem Thema eine große Verantwortung und
sollten uns entsprechend vorsichtig und sensibel äußern, damit
der befürchtete und von manchen betriebene Kampf der Kulturen
nicht voll ausbrechen kann.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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