Die Rede des Landtagsabgeordneten Jamal Karsli
zum ersten Todestag von Jürgen Möllemann, am 05.06.04 am Flughafen
Loehmühle in Marl
Meine Damen und Herren,
Liebe Freundinnen und Freunde,
Der plötzliche Tod von Jürgen Möllemann
löste in vielen Millionen Menschen einen Schock aus. Noch heute
können viele seinen plötzlichen Tod nicht fassen, nicht begreifen.
Unabhängig von den
Ursachen seines Todes: Wir alle, die Parteien, die Politik und die
Bevölkerung haben nicht nur einen Ausnahmepolitiker verloren,
sondern vor allem einen couragierten, vitalen und leidenschaftlichen
Menschen.
Wir sind zu dieser Stelle gekommen, wo Jürgen Möllemann
vor einem Jahr in den Tod getrieben wurde, um an ihn zu denken.
Wir sind gekommen, um an jemanden zu
denken, der hohe politische und gesellschaftliche Positionen
innehatte.
Wir sind gekommen, um an jemanden zu
denken, der mutig und couragiert war.
Wir sind gekommen, um an jemanden zu
denken, der immer Klartext geredet hat.
Wir denken an Jürgen Möllemann!
Meine Damen und Herren, Liebe
Freundinnen und Freunde.
Aufgrund seines mutigen Einsatzes für
eine friedliche Lösung im Nahen Osten bin ich mit Jürgen Möllemann
ein Stück gemeinsamen Weges gegangen.
Ich habe ihn in dieser Zeit als ebenso
aufrichtigen wie integren und charakterstarken Menschen kennen
gelernt, der sich in einer für mich schwierigen Zeit konsequent
hinter mich gestellt hat. Die unbarmherzige Hetzjagd, die mit
zunehmender Intensität gegen ihn betrieben wurde, ist auf Schärfste
zu verurteilen.
Ich kann mich noch sehr gut daran
erinnern, wie es ist, die Zielscheibe einer hemmungslosen
Diffamierung zu sein, die erst eingestellt wird, wenn man zerstört
am Boden liegt.
Jürgen Möllemann ist bereits mehrfach
wieder aufgestanden und auf die politische Bühne zurückgekehrt,
nachdem er am Boden lag. Vor einem Jahr war der Druck auf ihn jedoch
stärker als er selbst.
Anlässlich dieses schrecklichen
Ereignisses appellieren wir an alle Funktionäre in der Politik und
den Medien: Wir sollten in jeder noch so hitzigen Debatte, in jedem
kämpferischen Einsatz für die „gute Sache“, für den Fortschritt
unserer Projekte oder anderer Ziele niemals vergessen, dass wir es
untereinander, auch wenn wir unterschiedliche Meinungen, Werte oder
Ziele vertreten, in erster Linie mit Menschen zu tun haben.
Deshalb sollten wir uns immer menschlich verhalten. Wenn der
Druck gegen einen anderen Menschen so groß wird, dass keine
Perspektive mehr bleibt, dass ein ganzes Lebenswerk zerstört wird,
dann wird er daran zerbrechen. Dies kann und darf jedoch niemals
Sinn und Zweck politischer Auseinandersetzungen sein.
Wir müssen versuchen, die in der Politik
gängige Steigerung „Feind, Erzfeind, Parteifreund“ umzuwandeln, so
dass es heißt: „Freund, guter Freund, Parteifreund“.
Ich möchte diejenigen, die im „Fall
Möllemann“ unbedacht in den Hetzchor der Ankläger mit einstimmten,
an ein berühmtes Zitat erinnern: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der
werfe den ersten Stein“.
Die Heuchelei und die Doppelmoral, mit
der die Kampagne gegen Jürgen Möllemann zu Teilen betrieben wurde,
war so unmenschlich wie zerstörerisch.
Der Tod von Jürgen Möllemann ist nicht
nur tragisch, er ist ein Skandal. Er ist ein Indiz für eine
unbarmherzige Gesellschaft, deren Spielregeln sich zuallererst an
den Gesetzen der Macht orientieren und nicht an denen der
Mitmenschlichkeit und der Würde, wie es der erste Paragraph unseres
Grundgesetzes vorsieht.
Aber meine Damen und Herren, liebe
Freundinnen und Freunde, der Tod von Jürgen Möllemann wird für uns
eine Mahnung sein, miteinander immer menschlich umzugehen.
Der Tod von Jürgen Möllemann wird für
uns eine Mahnung sein, in seinem Sinne Klartext zu reden und unsere
Stimme zu erheben, ohne dabei rechts oder links zu schauen.
Der Tod von Jürgen Möllemann wird für
uns eine Mahnung sein, uns weiter für Frieden, Gerechtigkeit und
Meinungsfreiheit einzusetzen.
Wir werden uns immer an Jürgen
Möllemann erinnern.
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