ANGEKLAGTE KRIEGSDIENSTVERWEIGERER KLAGEN DIE MENSCHENRECHTSWIDRIGE
BESATZERPOLITIK ISRAELS AN
Von Hans Lebrecht, Kibbutz Beit-Oren,
25. Juni 2003
Phone: (972-4) 8307 237 / FAX:
(972-4) 823 25 24
Der
Gerichtssaal im
zentralen Militärgerichtgerichtsgebäude in dem Tel-Aviver Jaffa Viertel
war gesteckt voll mit Freunden der fünf vor dieses Tribunal gezerrten
Kriegsdienstverweigerer, welche aus Gewissensgründen den Dienst in der
israelischen Okkupationsarmee verweigern. Weitere, Solidarität mit den
Kriegsdienstverweigerern bezeigenden Friedensaktivisten mussten mit
einer imposanten Mahnwache vor dem alten Gerichtsgebäude vorlieb nehmen.
Auf den vordersten Bänken der Besucher Gallerie des Gerichtssaales waren
unter anderen Knesset Abgeordnete der (von der KP beeinflussten) Hadasch
Front und der Meretz Partei, sowie Pressevertreter zu sehen.
Die jetzt vor das Tribunal
gezerrten fünf "Angeklagten", die ersten einer ganzen Reihe weiterer,
mussten bereits viele Monate lang hinter Gittern von Militärgefängnissen
schmachten. Sie gehörten 2001 einer Gruppe von 62 Abiturienten an,
welche einen Brief an Ariel Scharon und den Generalstab der Armee
unterzeichneten, in welchem sie ankündigten aus Gründen ihres Gewissens
nicht in einer Armee dienen zu können, welche ein anderes Volk (die
Palästinenser) mit menschenrechtswidrigen Mitteln brutal unterdrücke und
deren Land besetzt hält. Die Unterzeichner dieses Briefes erklärten, sie
wären bereit, anstelle des Dienstes in der Armee Zivildienst zu leisten
(was im israelischen Gesetz nicht vorgesehen ist). Die "Angeklagten"
wurden von dem Armee Staatsanwalt angeklagt, ihren obligatorischen
Armeedienst zu verweigern, die Befehlsgewalt der Armee nicht
anzuerkennen und Befehle der Armee nicht zu befolgen.
Die Verteidigung der
"Angeklagten" eröffnend, erklärte ihr Anwalt, Rechtsanwalt Dov Khenin (Mirglied
des Politbüros der KP Israel): "Bei diesem Tribunal geht es gar nicht um
technische Einzelheiten einer Befehlsverweigerung oder obskure Gesetzes
Paragraphen, sondern um wichtige konstitutionelle Fragen, mit welchen
sich bisher kein Gericht befasst hat", erklärte er. "Das Gewissen eines
Menschen ist der fundmentalste Teil der Menschenwürde. Wenn diese
gebrochen wird, wird die gesamte Persönlichkeit dieses Menschen, seine
innersten Werte zerschlagen. Dieses Tribunal geht um die
Aufrechterhaltung der Gewissensfreiheit, wie sie in dem, vor einigen
Jahren von der Knesset verabschiedeten Grundgesetz über die Würde und
Freiheiten der Bürger verankert ist".
Danach nahmen drei der
"Angeklagten", einer nach dem anderen, den Zeugenstand in der, den
ganzen Tag andauernden ersten Verhandlungstag des Tribunals. Jeder erhob
seine eigenen, aus Erfahrungen mit Begegnungen mit Palästinensern und
deren, durch die israelischen Besatzerarmee und radikalen
Kolonistensiedlern erfolgten Erniedrigungen und unmenschlichen Qualen
erhobenen Gründe für ihre Weigerung, an der Unterdrückung und
Menschenwürde mit Füßen tretenden Okkupationsarmee teilzunehmen. Die
beiden anderen "Angeklagten" werden während der nächsten Sitzung des
Tribunals im Juli ihre Gründe für die Weigerung zu dienen darstellen.
Der Sprecher des
Gusch-Schalom Friedensblocks, welcher sich sehr für die aus
Gewissensgründen den Kriegsdienst Verweigernden engagiert, stellt in
einer Presse Erklärung fest, dass zur selben Zeit, als das Militär
Tribunal gegen die Fünf stattfindet, deren noch ein paar weitere Fälle
folgen werden, das Berufungs Komitee zur Bewertung von zum Armeedienst
aufgerufene Rekruten zuständig ist, in jüngster Zeit eine auffällige
Nachsichtigkeit mit aus Gewissensgründen Kriegsdienst verweigernden
Kandidaten zeige. Das Komitee habe bereits einigen davon ihr Recht
zugestanden. Es sehe so aus, als ob die Armeeführung, gleichzeitig mit
den viel Aufmerksamkeit in der israelischen Öffentlichkeit erregenden
Tribunalen versuche, der ansteigenden Welle der
Kriegsdienstverweigerungen, wenigstens zeitweilig, mit gespielter
Nachsichtigkeit zu begegnen. Das sei ein Zeichen eines Erfolges der mit
Mut und Standhaftigkeit auftretenden Kriegsdienstverweigerer und des mit
diesen Solidarität erweisenden Friedenslagers.
Mit besten Brudergrüßen,