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Es ist Zeit zu überlegen, wie ein Staat – eine Person, eine Stimme – funktionieren soll
Robert Herbst und Jonathan Kuttab - 27.11.2016

 

Wir sind zwei Menschenrechtsanwälte, einer palästinensischer Araber und einer amerikanischer Jude, die glauben, dass beide, palästinensische Araber und israelische Juden frei und würdig leben und ein Leben lang in dem Land zu leben können müssen, das beiden gehört. Wir sind der Ansicht, dass die Befreiung beider Völker – der Juden davon, Besatzer und Beherrscher zu sein, der Palästinenser davon, besetzt und beherrscht zu sein – in zwei getrennten Staaten inzwischen durch die Tatsachen vor Ort praktisch unmöglich geworden ist. "Ende der Besatzung" genügt demnach nicht mehr zur Schaffung einer tragfähigen Zukunftsperspektive für beide. Stattdessen müssen wir sorgfältig überlegen, wie die tatsächlichen Bedürfnisse beider Völker in einer Form eines einheitlichen Staates erfüllt werden können, der reale politische Rechte, Menschenwürde und Freiheit so wie echte dauerhafte Sicherheit für beide Völker bietet.

Die Unmöglichkeit einer Zwei-Staaten-Lösung

Es ist heute allgemeiner Konsens, dass die Zwei-Staaten-Lösung nicht mehr verwirklicht werden kann.  De Prämisse einer Zwei-Staaten-Lösung war, dass der Krieg von 1967 eine Gelegenheit für einen pragmatischen Kompromiss zwischen der zionistischen Bewegung des Staates Israel und der palästinensischen Nationalbewegung und ihren arabischen Verbündeten geboten hat; dieser Kompromiss hätte mit der strategischen Formel "Land gegen Frieden" erreicht werden können, wobei sich der Staat Israel im Tausch gegen Frieden und Normalisierung (der Beziehungen, Ü.) aus den kurz zuvor besetzten Gebieten zurückgezogen hätte. Manchmal werden zusätzliche Elemente erwähnt wie ein geteiltes Ost-Jerusalem, ein palästinensisches Rückkehrrecht in den neuen palästinensischen Staat sowie Sicherheitsarrangements wie die Entmilitarisierung des palästinensischen Staates. Jüdische Siedlungen und Siedlungsaktivitäten sind diesem Kompromiss eindeutig zuwider gelaufen, aber sie sind jetzt da.

Jetzt, 2016,  haben der Ausmass, die Intensität und die lange Dauer der Besatzung neuen Tatsache vor Ort geschaffen. Es gibt dort etwa 600.000 Siedler, die mit ihrer ganzen rechtlichen, administrativen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur praktisch unmöglich zu entfernen sind, dazu die Aufteilung der Palästinenser in Kantone – all das macht die Zwei-Staaten-Lösung nicht mehr möglich, auch wenn sich Israel dazu uneingeschränkt verpflichten würde, was ohnehin nicht der Fall ist. Außenminister John Kerry war der letzte, der erkannte, dass die Zeit für diesen Kompromissvorschlag schnell davonläuft.
Die Überlegung hinter der Zwei-Staaten-Lösung – entspricht nicht mehr den Tatsachen vor Ort

Als die Zwei-Staaten-Lösung erstmals unterbreitet wurde, wurde sie von ziemlich großen Bevölkerungsteilen beider Seiten vehement verurteilt, gewann aber bald die Unterstützung der Mehrheit und wurde die offizielle Plattform beider Gemeinschaften, weil es ein höchst rationaler Kompromiss war, der sowohl die damaligen Machtverhältnisse als auch die mehrheitlichen Interessen beider Protagonisten berücksichtigte. Er verlangte nicht die Ablehnung oder das radikale Überdenken jeder involvierten Ideologie, sondern beschränkte nur die Anwendung dieser Ideologien auf einen geografischen Teil des umkämpften Landes.

Die Zwei-Staaten-Lösung stimmte mit dem Völkerrecht überein, das den Erwerb von Land durch bewaffneten Konflikt verbietet und den Status des erworbenen Gebietes als "besetzten" erklärte. Sogar der Oberste Gerichtshof Israels unterstützte diese rechtliche Einstufung und tut dies auch bis heute, in Übereinstimmung mit zahlreichen Erklärungen des UN-Sicherheitsrates und einer fast einstimmigen Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs über die rechtlichen Konsequenzen des Mauerbaus in besetztem palästinensischen Gebiet (9. Juli 2004), die feststellte, dass die israelische Politik des Siedlungsbaus in diesem Gebiet eine "flagrante Verletzung der Vierten Genfer Konvention" ist, und dass dies "gleichbedeutend" mit einer "de facto Annexion" war, die "weitere Veränderungen der demografischen Zusammensetzung in dem besetzten Gebiet" zur Folge hätte, was "das Recht des palästinensischen Volkes auf Ausübung seiner Selbstbestimmung stark behindert".

Das ist heute die Position aller Länder weltweit einschließlich der Vereinigten Staaten. Sie wurde von der Saudischen Initiative neu bekräftigt, die eine volle Normalisierung (der Beziehungen) Israels mit allen arabischen und islamischen Ländern der Region im Tausch gegen den vollständigen israelischen Rückzug aus den 1967 besetzten Gebieten versprach.

Das Ziel des pro-palästinensischen Aktivismus (und seiner arabischen und internationalen Unterstützung) änderte sich von "Befreiung Palästinas" zu "Ende der Besatzung", was ein für viele gutgläubige Aktivisten ein akzeptabler Slogan und akzeptables Programm war, die sich um Frieden und Gerechtigkeit sorgten, aber keine Positionen einnehmen wollten, die als anti-israelisch betrachtet wurden. Die Existenz einer ansehnlichen "Friedensbewegung" innerhalb Israels, die die Zwei-Staaten-Lösung unterstützte, trug dazu bei.

Die Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung, die Ein-Staat-Lösung, wurde ja von vielen als Ablehnung des Zionismus und die Zerstörung des Konzepts eines jüdischen Staates zurückgewiesen, was in der Vorstellung vieler einem Ruf nach der Vertreibung des Juden aus Palästina und möglicherweise einem zweiten Holocaust ähnlich war. Diese Sicht war so undenkbar, dass in vielen Orten keine ernsthafte Diskussion der Ein-Staat-Lösung toleriert wurde.

Die Flucht in ein Heilmittel gegen die Zwei-Staaten-Lösung war das Siedlungsprojekt und die Siedler selber. Das Einbringen hunderttausender jüdischer Siedler in die besetzten Gebiete, die die Privilegien der israelischen Staatsangehörigkeit beanspruchten, widersprach direkt der gesamten Logik des vorgeschlagenen Kompromisses durch die Proklamierung der israelischen Herrschaft über das gesamte angefochtene Gebiet von Palästina. Jeder zusätzliche Siedler, die Konfiszierung jedes Dunams  (1 Dunam sind 1000 Quadratmeter) für Siedlungen, die Strassen exklusiv für Juden, die Gerichte, Gesetze, Infrastruktur und Regelungen, die mit ihnen kamen, straften die Behauptungen der israelischen Regierungen, sie würden die Zwei-Staaten-Lösung unterstützen, Lügen und bekräftigten den zionistischen Anspruch auf ganz Palästina für das jüdische Volk. Eine echte Unterstützung der Zwei-Staaten-Lösung hätte eine Ablehnung (opposition) oder eine strenge Begrenzung des Siedlungsunternehmens verlangt.

Israel unterstützt die Zwei-Staaten-Lösung weiterhin mit Worten, weil das den Weiterbestand des Status quo erlaubt, während die Siedlungen expandieren und palästinensisches Land langsam, aber unaufhaltsam weggenommen wird und für die Tatsache, dass die Zwei-Staaten-Lösung nicht verwirklicht wurde, eine Vielzahl von Ausreden gegeben werden können, wie das Fehlen einer vereinten und effektiven palästinensischen Führerschaft, die bereit wäre, über eine endgültige Zwei-Staaten-Lösung zu verhandeln, oder der Fortbestand des bewaffneten Widerstandes oder Terrorakte (in verschiedenen Rahmen). In endlosen Verhandlungen über 25 Jahre wurden Modifizierungen der Zwei-Staaten-Lösung vorgeschlagen, wie "Siedlungsblocks" oder Gebietstausch, während die israelische Kontrolle der besetzten Gebiete sich immer weiter ausdehnte und sich verfestigte, während der palästinensische Widerstand ineffektiv auf und abebbte.

Untätigkeit ist eine starke Macht. Ohne effektiven Druck von außen von der internationalen Gemeinschaft wundert es nicht, dass intelligente israelische Politiker und sogar Leute in AIPAC, der israelischen Lobbygruppe des American Israeli Public Affairs Committee, trügerisch erklärten, sie würden die Zwei-Staaten-Lösung unterstützen, während sie effektiv daran arbeiteten, dass sie niemals verwirklicht würde.

Zeit für ein neues Endspiel?

Die Überzeugung, dass Leben und Rechte der Palästinenser von Bedeutung sind, gewinnt in den Vereinigten Staaten und weltweit unter Juden und Nicht-Juden an Aktualität, da die harte Realität des Lebens der Palästinenser unter der Besatzung durch die Allgegenwärtigkeit von Smartephone-Kameras und die wachsende Bereitschaft der Medien, dieses Leben zu durchforschen, offenbart wird. Zum ersten Mal scheint es eine Chance zu geben, dass Druck von außen auf Israel in der Form von Boykott, Investitionsentzug und Sanktionen oder auf andere Weise aufgebaut werden kann. Aber wenn die Zwei-Staaten-Lösung tot ist, was ist die Alternative? Welches ist das Endspiel (die Endphase), das israelischen Juden und palästinensischen Arabern eine Zukunft in einem miteinander geteilten Land garantieren würde? Wir glauben, dass ein neues offenes Denken nötig ist, um für Frieden und Gerechtigkeit, für ein gewisses Maß an Stabilität und ein Ende des Konflikts zu sorgen. Ein solches neues Denken und die Artikulierung der Form, die es annehmen könnte (abgesehen von der Frage, wie es zu erreichen ist) erfordert eine radikale Neuformulierung der Sprache, der Annahmen und der Orientierung der Menschen auf beiden Seiten und ihrer Unterstützer im Ausland und der internationalen Gemeinschaft.

Wir beginnen mit der Zurückweisung zweier maßgeblicher, miteinander unvereinbarer Ideologien: eines jüdischen Staates, der sich exklusiv um die Interessen der jüdischen Bürger kümmert und der dem Interesse aller Juden weltweit dient - entweder auf Grund Gott gegebenen Rechtes oder historischer Bindungen -, würde notwendigerweise die Eliminierung oder Unterwerfung und Unterdrückung der nicht-jüdischen indigenen Bevölkerung erfordern. Auf einem arabischen Palästina als Teil der arabischen Welt zu insistieren und Zionisten, anders als die ursprünglichen palästinensischen Juden, als ausländische Invasoren ohne Rechte und Bindung an das Land zu behandeln, würde ähnlich nach der Eliminierung oder Vertreibung der meisten erst eingewanderten Israelis und eine Leugnung ihrer jüdischen religiösen und kulturellen Bestrebungen und Bedürfnisse rufen. Jede Gruppe muss die Hoffnungen, Ängste, Interessen und Bestrebungen der anderen verstehen, auf sie hinweisen und die eigene Ideologie modifizieren, um der anderen Gruppe eher entgegenzukommen als sie zu besiegen und zu dominieren und ihre Legitimität zu leugnen.

Wir müssen deshalb jüdische Israelis fragen: "Was braucht ihr wirklich, um frei, sicher und ein kulturell und religiöses jüdisches Leben hier in Palästina/Israel zu leben, und wie können diese Bedürfnisse erfüllt werden ohne den Palästinensern die Möglichkeit abzusprechen ebenso frei, sicher und in Würde zu leben?" Wir müssen auch die Palästinenser fragen, was sie brauchen, um ein solches Leben in einem Staat, in dem sie zahlenmäßig nicht dominieren, und in dem israelische Juden die Mehrheit bilden oder vielleicht auch mit der Zeit eine beträchtliche Minderheit sein werden.

Zu beiden Fragen gehört die Überzeugung, dass, während Demokratie gleichberechtigte Stimmen (eine Person – eine Stimme) verlangt, ein Staat, der mehr als eine größere ethnische/religiöse Gruppe umfasst, es sich nicht leisten kann, eine von ihnen zu ignorieren, sondern eine Formel finden muss, die allen entgegenkommt und ausreichende feste rechtliche und institutionelle Garantien enthält, sodass jede Gruppe gegenüber der Willkür der Mehrheit voll geschützt ist und sich geschützt fühlt, sodass alle das ganze Spektrum der Menschenrechte und eines Lebens in Würde ausüben können. Das ist vor allem dort wichtig, wo wirkliche Differenzen und neuere Feindschaften die gegenwärtigen Realitäten zu kontrollieren und einzuschränken scheinen. Neue Strukturen müssen geschaffen werden. Garantien müssen in Verfassungen und Gesetzen bindend verankert werden, damit sie nicht von zahlenmäßigen Mehrheiten verändert oder umgestoßen werden können und Minderheiten dauerhaft und signifikant benachteiligen. 

Jugoslavien hatte unter Marschall Tito eine Verfassung mit drei sorgfältig zwischen Serben, Kroaten und Muslimen ausbalancierten Kammern, bevor dieses System nach seinem Tod zusammenbrach. Libanon hat auch ein System, das trotz aller Fehler der Regierung ermöglicht, den veschiedenen religiösen Gruppen entgegen zu kommen, von denen keine ignoriert oder gering geschätzt werden darf. Andere Länder haben entweder einen Weg gefunden, um größeren Minderheiten das Gefühl zu geben, dass sie zu ihrem Land gehören, oder sie haben die Folgen eines internen Konflikts, eines Bürgerkriegs oder den Ruf nach Abspaltung erlebt. In unserer Situation wird zusätzlich zu internen rechtlichen und anderen Kontrollen ein hoher Grad an internationaler Unterstützung, Garantien und Legitimierung angesichts des umfassenden Interesses und der Involvierung bedeutender ausländischer Aktoren erforderlich sein. Insbesondere gibt die religiöse Bedeutung des Landes und Jerusalems für alle drei monotheistischen Religionen der internationalen Gemeinschaft eine signifikante Beteiligung an der Herrschaft (Regierung) des ganzen Landes und einen guten Grund für die Gewährleistung von freiem Zugang und nicht-exklusiver Kontrolle über ihr Schicksal. Die Christen haben seit den Zeiten der Kreuzfahrer weitgehend aufgehört exklusive Ansprüche auf Jerusalem zu erheben. Um Frieden, Sicherheit und Ruhe zu gewährleisten, dürfen weder jüdische noch muslimische Ansprüche auf Exklusivität toleriert werden. Wenn sich eine Lösung Menschen mit gutem Willen auf beiden Seiten und in der internationalen Gemeinschaft empfehlen will, muss sie auf die größeren Bedürfnisse von Juden und Palästinensern eingehen, wie sie von jeder Seite im Endeffekt als nicht verminderbare Forderungen (im Gegensatz zu erwünschten oder verlangten Resultaten) ermittelt werden. Diese Bedürfnisse müssen erfüllt und von einer neuen Ordnung und Regierungsstruktur angegangen werden, ungeachtet um welche Gruppe in der zahlenmäßigen Mehrheit oder Minderheit es sich jetzt oder in Zukunft handelt.

Wesentliche Elemente der Neuen Ordnung:

1. Gleichheit und Nichtdiskriminisierung: Der Staat Israel hat nicht einmal für seine eigenen arabischen Bürgern für volle Gleichheit in recht und Praxis gesorgt. Während Palästinenser erkennen, dass sie in einem neuen Staat aus vielen Gründen wahrscheinlich weiterhin von Juden beherrscht (dominiert) werden, werden sie eine strikte Geltung der Gleichheit fordern, vor allem im öffentlichen Bereich. Öffentliche Einrichtungen, Land, finanzielle Mittel und Ressourcen einschließlich Wasser und öffentlicher Bildung müssen im Interesse aller Bürger  gleich(berechtigt) genutzt werden können. Diskriminierung darf nicht geduldet werden. Arabisch, das derzeit in Israel formell als eine offizielle Sprache anerkannt ist, muss ganz bewußt in das öffentliche Leben integriert werden, gleichberechtigt neben Hebräisch. Da es für Juden wichtig war Hebräisch in Israel wieder zu beleben und zu fördern, nachdem es Jahrhunderte lang nicht gebraucht worden war, gibt es keine Entschuldigung für die absichtliche Abwertung des Arabischen (arabische Zeichen scheinen dort, wo sie existieren, sogar im Westjordanland absichtlich falsch geschrieben zu sein. Es ist leichter Regierungsdokumente in Amharic – der Sprache der äthiopischen Einwanderer – als in Arabisch zu finden).

2. Bewegungsfreiheit:

Bewegungsfreiheit muss im neuen Staat garantiert werden. Reisebeschränkungen zwischen Westjordanland, Gaza, Jerusalem, den Siedlungen und dem Israel innerhalb der Grenzen von vor 1967 sowie Ein- und Ausreise in und aus dem neuen Staat müssen beseitigt werden. Sicherheitskräfte, die behaupten, dass sie die Einschränkung der Bewegung einer Person eine gerichtliche Anordnung erfordert- abhängig von der Rechtsvermutung zugunsten der Bewegungsfreiheit - die überwunden werden muss, wenn eine Person verhaftet werden soll.

3. Rückkehrrecht:

Juden bestehen auf einem Rückkehrrecht nach Israel als Grundrecht jedes Juden auf der ganzen Welt, besonders wenn er/sie sich als Jude verfolgt oder gefährdet fühlt. Derzeit ist dieses Recht nicht dadurch eingeschränkt, dass Verfolgung, Angst oder konkrete Bedrohung nachgewiesen werden muss; die Institutionen des Staates fördern aktiv die Aliyah (Einwanderung) und spornen Juden an nach Israel zu kommen. Die Existenz dieses Rechts scheint für israelische Juden ein ernsthaftes Bedürfnis zu sein, das Palästinenser akzeptieren müssen. Jedoch müssen Palästinenser, denen der Zutritt zu ihrer eigenen Heimat mit Gewalt verboten worden ist, ebenfalls ein Rückkehrrecht (Awdah) haben. Gäbe es eine Zwei-Staaten-Lösung, könnte dieses Rückkehrrecht auf einen neuen palästinensischen Staat im Westjordanland und in Gaza beschränkt werden. Aber es ist ein Recht, das in einer neuen Regierungsstruktur in Israel/Palästina angenommen werden kann und muss.

4. Beziehungen zur arabischen Welt:

Israelische Juden fühlen sich mit Diaspora-Juden sehr verbunden, sie erhalten von ihnen viel Unterstützung und plädieren dafür, dass sie ein legitimes Interesse an und eine Verantwortung für Israel haben. Palästinensische Araber fühlen sich als integraler Teil der arabischen Welt und erhalten bzw. erwarten zumindest Unterstützung von ihnen. Der neue Staat wird sich mit beiden Tendenzen (inclinations) befassen müssen. Palästinenser werden ihre pa-arabische Identität neu überdenken und sie darauf ausrichten müssen, dass ihr Staat in seinem Kern jetzt jüdisch und arabisch ist.

5. Verteidigung:

Aus zahlreichen Gründen, in erster Linie wegen des Traumas des Holocaust und der bitteren Erfahrung des anti-jüdischen Antisemitismus im Westen (auch Palästinenser sind Semiten). Israelis sind besonders empfindlich, was (idie Kontrolle der) Armee und des Verteidigungsestablishments betrifft. Für den neuen Staat kann es nötig sein, dass der Verteidigungsminister und die Spitzen des Militärs Juden sind, und dass dies dauerhaft in der Verfassung verankert ist. Palästinenser müssen aber frei sein auf gleichberechtigter Basis zur Armee zu gehen, während alle Bürger in der Lage sein müssen, aus Gewissensgründen auf Freistellung vom Militärdienst zu bestehen.

6. Rechtsschutz:

Zusätzlich zu einer Verfassung, die strikte Garantien zur Sicherung der grundlegenden politischen Interessen beider Gruppen darstellt, müssen diese "Schutzbestimmungen" vor Änderungen geschützt werden, außer (sie werden abgeändert) durch große Mehrheiten (z.B. 80% des Parlaments) mit Genehmigung durch eine besonders große Mehrheit eines besonderen Verfassungsgerichtshofs (z.B. 4 von 5 Richtern, wobei jede Gruppe mindestens 2 Richter hat). In anderen wichtigen Ministerien und öffentlichen Ämtern müssen Quoten die Mindestzahl von Vertretern auf der obersten Ebene vorschreiben, während alle anderen Posten nach Leistung auf nicht-diskriminierender Basis besetzt werden. Auf diese Weise wird die Angst beseitigt, dass hochrangige Staatsdiener, die zu einer Gruppe gehören, Angehörige der Minderheitengruppe unterdrücken können. Zusätzlich werden diese und andere "Schutzbestimmungen" die "demografische  Gefahr" beseitigen und gewährleisten, dass eine Gruppe mit zahlenmäßiger Mehrheit nicht in der Lage sein wird die Minderheit zu unterdrücken, und dass eine zukünftige Veränderung der zahlenmäßigen Balance zwischen den beiden Gemeinschaften die neue Minderheit nicht durch die Unterdrückung von seiten der Mehrheit verletzlich macht.

7. Toleranz-Ministerium:

Aus der Erkenntnis heraus, dass die Sicherheit der Bürger ein grundlegendes Interesse des Landes ist, und den Erfahrungen beider Völker in der Vergangenheit Rechnung getragen wird, sollte das Land mindestens 10% des Verteidigungsbudgets in Programme zur Förderung von Toleranz und Verständnis für Geschichte, Kultur und die Sprache jeder Gemeinschaft durch die andere investieren, die von einem Regierungsministerium kontrolliert werden, das gemeinsame Aktivitäten und Programme durchführt, die die Verletzungen der Vergangenheit heilen sollen.

8. Zivilrecht:

Während Personenstandangelegenheiten derzeit von religiösen Gerichten der verschiedenen Gemeinschaften bearbeitet werden, müssen neue und fortschrittliche Zivilgesetze erlassen werden, die das Recht von säkularen Individuen, von Mischehen und religiösen Gemeinschaften, die derzeit nicht anerkannt sind, gewährleisten, einschließlich der Reform- und der konservativen Juden und der evangelikalen Christen. Ohne von bestehenden Rechten religiöser Gemeinschaften abzugehen, sollte Personen, die nicht von ihnen regiert werden wollen, erlaubt werden ihrem Gewissen zu folgen und nicht von Rechts wegen gezwungen zu sein, sich den religiösen Gerichten zu unterwerfen. Dieses System könnte ein Modell für andere Staaten des Nahen Ostens sein, die derzeit nach dem Millet-System regiert werden.

9. Name/Charakter/Öffentliche Festtage/Symbole und Fahne:

Sorgfältige Überlegung und Kreativität mit Beiträgen von beiden Seiten ist erforderlich, damit diese Elemente die Wünsche beider Gemeinschaften ohne Exklusivität oder Diskriminierung reflektieren.

Quelle    Übersetzung: K. Nebauer

 

 

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