Warum ich gegen den Jüdischen Nationalfond
protestiere
Jesse Benjamin ,
12. Oktober
Am
Wochenende des Columbustages hält der Jüdische Nationalfond ( JNF) sein
Jahrestreffen in Atlanta ab. Wie viele Juden in den USA wuchs ich in
Gemeinden auf, die Geld für angeblich gute JNF-Kampagnen sammelten z.B.
Bäume pflanzen in Israel mit dem Geld, das wir beim Verkauf von
Chanukkakerzen einnahmen. Aber als der JNF in diesem Jahre in Atlanta
(wieder) sammelte, stand ich mit vielen Juden und anderen, um gegen die
Praktiken des JNF zu protestieren. Diese Praktiken sind Hindernisse für
einen gerechten Frieden, der sich auf Freiheit, Sicherheit und
Gleichheit für Palästinenser wie Israelis gründet.
Als
karitative Organisation mit dem 501c3-Status hat die JNF, die 1901
gegründet wurde, um Land ausschließlich für Juden zu kaufen, und einem
guten Ruf, auch als führende Organisation, die sich für den Schutz der
Umwelt einsetzt. Für viele von uns passt dieser Ruf nicht mehr mit der
Realität zusammen, da die Bäume, die wir in all den Jahren
finanzierten, vor allem dafür benützt und angepflanzt wurden, wo einst
palästinensische Dörfer standen, deren Bewohner vertrieben worden waren
(Hier heißt es nicht „Schwamm drüber“ sondern „Wald drüber“ ER). Es
handelt sich nicht um eine karitative Organisation – die Aktivitäten der
JNF gründen sich auf ihre diskriminierende Gründungsmission: die
Entfernung der einheimischen Palästinenser von ihrem Land und Besitz
(„Ethnische Säuberung“), um das Land ausschließlich für Juden in Israel
oder anderswo zu bewahren. Dies ist nur ein Teil eines ärgerlichen
Trends, wenn es sich um amerikanische Steuergelder und Israel handelt.
Vor
kurzem machte ein Bericht in der New York Times deutlich, dass
mindestens 40 amerikanische Gruppen, wie z.B. der umstrittene Hebron
Fond, der in den letzten 10 Jahren mehr als 200 Millionen Dollars als
steuerfreie Spende für illegale und oft extremistische Siedlungen „nur
für Juden“ in der besetzten Westbank und in Ostjerusalem gesammelt hat.
Illegale
israelische Siedlungspolitik wird heute weitgehend als zentrales
Hindernis für die von den USA unterstützten Friedensbemühungen in der
Region angesehen . Wir sind davon überzeugt, dass indem die ebenso
kontraproduktive Mission des JNF herausgefordert wird für jene von uns
relevant und rechtzeitig ist, die Frieden wünschen. (??)
Mit
angeblicher Kontrolle über weite Strecken von Israels Landanteilen
gelang dem JNF allgemein das Auslöschen historischer palästinensischer
Dörfer durch das Drüberpflanzen von Kiefern und anderen schnell
wachsenden Bäumen zu Wäldern, die oft den Namen der Spenderländer
erhalten, wie z.B. der Süd-Afrika-Park, der das entvölkerte und
zerstörte palästinensische Dorf Lubya bedeckt ( oder den Kanadapark
bei Latrun).
Der JNF
hat zur Unterstützung seiner Aufgabe jahrzehntelang seine eigenen
paramilitärischen Kräfte gehabt, die nach Orwellscher Art „Grüne
Patrouille“ genannt wurde, und palästinensische Bäume ausriss,
palästinensische Häuser und Ernten zerstörte, Viehbestand konfiszierte
und an Juden weiterverkaufte. Bei einer Aktion im Negev tat sich vor
kurzem der JNF mit Militär und Polizeieinheiten zusammen, ja sogar mit
jüdischen Gymnasiasten, um ein historisches Beduinendorf, Al-Arakib zu
zerstören, um Platz für eine geplante jüdische Siedlung mit Vororten zu
machen.
Seit
Jahrzehnten besteht die JNF darauf, dass nur moderne städtische Juden
die fragile Wüstenökologie schützen könnten. Tatsächlich aber sind es
oft israelische Militärübungen, städtische Ausbreitung , industrielle
Landwirtschaft, übermäßiger Wasserverbrauch, der für diese Ökosysteme
größte Bedrohung darstellt. Die Palästinenser sind andrerseits von der
UN und anderen Organisationen als die Verwalter des Landes anerkannt
worden. Wie es unter einheimischen Völkern üblich ist, wenden sie uralte
, die Umwelt schützende Methoden beim Abweiden, beim Anbau, auch in
trockenen Flussbetten an, sammeln Regenwasser, haben für Zisternen ein
Einzugsgebiet und eine aride Waldwirtschaft. Der JNF weigert sich
nicht nur, diese Erfahrungen anzuerkennen, er stellt die lokale
Bevölkerung als für die Umwelt schädigend dar, um mehr Land zu
erlangen.
Solche
Politik erklärt die wachsende Zahl von Juden, die auf Seiten der
Palästinenser und anderer stehen, die die Wahrheit über den JNF offen
legen und die die Boykott-, Divestment- und Sanktionen-Kampagne (BDS)
unterstützen. Die BDS-Bewegung, die von der palästinensischen
Zivilgesellschaft initiiert wurde , ist eine friedliche Methode, eine
bedeutsame Veränderung zu verursachen. Sie benützt gewaltfreie Taktiken
– ähnlich den der schwarzen Südafrikaner in den 80er Jahren und vorher
die von Dr. Martin Luther King. Die Kampagne gegen den JNF –
einschließlich des Aufrufs, seinen karitativen Status aufzuheben – ist
Teil dieser dringenden Initiative. Atlanta mit seiner reichen zivilen
Rechtstradition, war vor Jahrzehnten aktiv im Anti-Apartheidkampf und
jetzt schließen sich die Atlantagemeinschaften Erzbischof Desmond Tutu
an, und ein wachsender Chor ruft zu einer gleichstarken BDS-Kampagne
gegen den israelischen Hardlinerstaat und seine Politik der
Diskriminierung, Trennung und Besatzung auf.
Den JNF
mit systematischer Diskriminierung in Verbindung zu bringen, ist nicht
auf die leichte Schulter zu nehmen , und es ist keine leichte Aufgabe,
den Staat Israel und seine Praktiken herauszufordern, erst recht nicht
für einen israelischen Bürger wie mich selbst. Doch dies zu tun , ist
nicht nur ein Imperativ, sondern liegt auf einer größeren Linie
innerhalb der jüdischen Geschichte und Kultur, die sich sozialer
Gerechtigkeit verpflichtet fühlt.
Jesse
Benyamin, ein außerordentlicher Professor der Soziologie an der
Kennesaw-Staatsuniversität ist ein US- und ein israelischer Bürger. Er
ist ein Mitglied des Internationalen jüdischen antizionistischen
Netzwerkes (IJAN)
(dt.
Ellen Rohlfs)