Katya Adler
Mohammed Abbas ist krank.
Er hat chronische Diarrhoe und nicht das erste Mal. Er und seine
Familie leben in einem palästinensischen Dorf ohne fließend
Wasser, ohne Abwassersystem und ohne Aussicht, dieses in
absehbarer Zukunft zu bekommen
Während Sunna ihren Sohn
beobachtet, wie er mit geschlossenen Augen auf einer Matratze
auf dem Boden liegt und seinen Bauch umklammert, redet sie
verzweifelt mit mir.
Die Bewohner von Faqua in
der Westbank ( östlich Jenin) müssen das Wasser in Tanks kaufen
und beklagen sich, dass sie zu viel Geld dafür bezahlen müssen.
„Ich bin zornig darüber,
dass mein Sohn krank ist. Der Arzt sagt, das hängt mit dem
Wasser zusammen. Wir kaufen es von außerhalb, und ich weiß
nicht, woher es kommt. Ich gebe es meinen Kindern, obwohl ich
weiß, dass es kontaminiert ist. Was kann ich sonst noch tun?“
Sunnas Geschichte ist in
der Westbank kein Einzelfall. Der Name ihres Dorfes, Faqua
bedeutet im arabischen sprudelndes Quellwasser – doch den Zugang
zum Wasser gibt es seit langem nicht mehr.
Der Dorfrat sagt, dass das
meiste Untergrundwasser 1948 von Israel enteignet wurde – als
der Staat gegründet wurde. Ein Israelisch-Palästinensisches
Wasser-Komitee wurde um 1995 als Teil des Oslo-Abkommens
gegründet. Aber die Palästinenser sagen, Israel mache es ihnen
praktisch unmöglich, neue Quellen zu bohren oder einen
Anschluss an Israels Wasserleitung zu bekommen.
Unter der Westbank gibt es
große regionale Wasserressourcen in drei Aquiferen.
Nach einem in diesem Jahr
veröffentlichten Weltbankbericht heißt es, dass Israel 80% des
Wassers aus den Aquiferer für seine eigenen Bürger holt. Die
Palästinenser bekommen den Rest. Es ist nicht genug. So wird die
Wasserkrise für die Palästinenser immer größer.
Während wir rund um Faqua
fahren, begegnen wir einem privaten Wassertanker, dessen
Schlauch über die Straße in den Hof der Sallah-Familie rollt.
Schmutziges Wasser fließt in einen Tank unter der Erde.
Die Weltbank warnt vor der
schlechter werdenden Qualität des Wassers, das die
Palästinenser noch dazu teuer bezahlen müssen.
Unsauberes Wasser macht die
Leute krank. Und wenig Wasser lässt den Preis hochschnellen.
Munir Sallah sagt, das schwierige Leben wird so noch
schwieriger. Wir können die Kosten kaum bezahlen und bräuchten
das Geld dringend für Lebensmittel. Wir können nicht mehr gut
essen, weil wir das Geld für das Wasser benötigen. Das Geld ist
hier sehr knapp. Die Felder des Dorfes liegen trocken und
staubig da, obwohl die palästinensischen Dörfer von der
Landwirtschaft abhängen, aber dafür braucht man Wasser.
Israel behauptet aber, es
sei nicht schuld daran – die Palästinenser müssten besser
planen.
Israel behauptet, das Dorf
hätte nie um Anschluss an die Wasserleitung gebeten, was der
Bürgermeister aber abstreitet. Israel sagt, die pal.
Wasserbehörde solle effektiver auf der Westbank sein.
Die Menschenrechtsgruppe B’tselem
erzählt etwas anderes, Sarit Michaeli sagt: Israel liefert auf
Wunsch jedem Israeli, einschließlich den Siedlern auf der
Westbank, Wasser. Die Palästinenser hätten nach dem
internationalen Recht ein Grundrecht auf Wasser. Aber sehr oft
werden sie in der Zuteilung von Wasser vernachlässigt und
diskriminiert.
Das Wasser ist in der
ganzen Region knapp; aber das wenige Wasser müsste gleichmäßig
unter Israelis und Palästinensern geteilt werden.
Der Bauer Ahmad Abu Salamah
kann die grünen israelischen Felder von seinem ausgetrockneten
Land sehen. Von seinen braunen Hügeln aus zeigt uns der
frustrierte Bauer die saftigen Felder eines benachbarten Kibbutz
jenseits der Grenze. Ein israelischer Armeejeep beobachtet uns
von der andern Seite des Metallzaunes, der ein Teil der
Trennungsanlage/ des Zaun/ der Mauer ist, die Israel um die
Westbank baut. Abu Salamah sagt, Israel habe der
palästinensischen Landwirtschaft hier den Todeskuss gegeben.
„Wir in Faqua leben in der
Zone C – dem Teil der Westbank unter totaler israelischer
Kontrolle – Israel wäre verpflichtet uns Wasser zu geben. Wenn
es uns Wasser geben würde, dann wäre unser Land so grün wie
ihres. Aber sie benützen alles Wasser für ihr Land.
Das Wasser ist zusammen mit
dem Land und der Religion der Kern des Konfliktes hier. Eine
faire Teilung müsste Teil einer gerechten Lösung des Konfliktes
sein“.
(dt und etwas freier übersetzt:
Ellen Rohlfs)