PALÄSTINA TAGE
2009
Willst Du Frieden, dann schaffe Gerechtigkeit!
Eine
Veranstaltungsreihe vom 04.05. bis 11.06.2009
Palästinakomitee
München, Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München, Salam
Shalom, Arbeitskreis Palästina/Israel
Vorwort
Wieder einmal führte
der israelische Staat Krieg. Jeder Krieg, den Israel führte,
wurde damit begründet, dass der jüdische Staat um sein Überleben
kämpft. Seit 60 Jahren geht es so, und es sieht danach aus, dass
die nächsten 60 Jahre genau so weiter gehen werden. Die letzten
Kriegsverbrechen in Gaza sind dafür ebenso bezeichnend.
Israel und mit ihm
seine westlichen Verbündeten weigern sich mit der demokratisch
gewählten Palästinenserführung zu verhandeln, sie wird einfach
boykottiert. Es heißt, Hamas müsse das Existenzrecht Israels
anerkennen, der Gewalt abschwören und bestehende Abkommen
respektieren. In welchen Grenzen Hamas Israel anerkennen muss,
sagt man nicht. Man verlangt im Gegenzug von Israel nicht, einen
Staat Palästina zuzulassen, der Gewalt abzuschwören und
bestehende Abkommen zu respektieren. Hier entsteht der Eindruck,
Hamas trage die Alleinverantwortung dafür, dass es keine
Friedenslösung im Nahen Osten gibt. Dabei ist Hamas erst vor
drei Jahren an die Macht gekommen, und was war vorher?
Die
Palästinenserführung unter Yasser Arafat und seinem Nachfolger
Abbas haben all das, was man von Hamas verlangt hat, erfüllt.
Was haben die Palästinenser dafür bekommen? Noch mehr jüdische
Siedlungen, Wasser- und Landraub.
Was ist das für ein
Demokratieverständnis, wenn man den Menschen in Palästina sagt,
mit eurer demokratisch gewählten Vertretung reden wir nicht. Die
neugewählte Regierung in Israel negiert das Recht der
Palästinenser auf einen eigenen Staat, wird sie deswegen
boykottiert?
Trotz seiner
Politik, die nach Ansicht vieler Züge von Apartheid aufweist,
genießt Israel die fast uneingeschränkte Unterstützung der
westlichen Länder. Als Begründung wird angeführt, Israel sei der
einzig demokratische Staat in der Region. Abgesehen davon, dass
dieser Staat nur eingeschränkt demokratisch ist, ist es den
Menschen egal, ob sie von einem demokratischen Staat unterdrückt
werden oder von einem diktatorischen. Ihnen ist es egal ob ihr
Land, ihr Wasser und ihre Menschenwürde von einem demokratischen
Staat geraubt werden oder von einem nicht demokratischen. Fuad
Hamdan
MONTAG, 04.05.2009, 19.00 UHR
JERUSALEM – THE EAST
SIDE STORY
Filmvorführung und
Gesprächsrunde mit dem Regisseur Mohammed Al-Atar
„Die Luft über Jerusalem ist voller
Gebete und Träume,
so wie die Luft über den Städten mit
Schwerindustrie.
Es ist schwer zu atmen, doch von Zeit zu
Zeit
gibt es einen neuen Geschichtsschub.“
Frei übersetzt nach
Yehuda Amichai
Der letzte Schub der Geschichte war
die israelische Besetzung. 1948 fiel der westliche Teil der
Stadt unter israelische Kontrolle und der östliche Teil wurde
von Jordanien annektiert. 1967 besetzte Israel den östlichen
Teil der Stadt. Seitdem betreibt der Staat Israel eine Politik
der Eingliederung von “Ganz-Jerusalem” und baut die
bevölkerungsstatistische Überlegenheit der jüdischen
Bevölkerunsanteils aus. Bestandteil dieser Politik ist es,
christliche und moslemische Palästinenser in der Stadt zu
marginalisieren, ohne Rücksicht auf deren Geschichte und
Gegenwart. Dazu äußern sich auch israelische Wissenschaftler und
Intellektuelle. Der Film nimmt uns mit auf eine Reise, die uns
die Auswirkungen dieser israelischen Politik vor Augen führen
will, die Vorherrschaft über die Stadt und deren Einwohner zu
gewinnen. Er wirft aber auch einen Blick in die Zukunft der
Stadt: Jerusalem ist der Schlüssel zum Frieden, ohne Jerusalem
wird es keinen Frieden geben – für niemanden.
Palästina 2007 57 Min., DVD, arab.
OF. engl. U., Regie: Mohammed al-Atar
Referent:
Mohammed Al-Atar
Ort:
EineWeltHaus, Schwanthalerstr. 80
Eintritt:
5,50 Euro
MONTAG, 18.05.2009, 19.00 UHR
„WILLST DU FRIEDEN,
DANN SCHAFFE GERECHTIGKEIT“
Vortrag von Jeff
Halper
Jeff Halper ist Professor für
Anthropologie an der Universität in Beer Sheva. Er ist 1973 als
Gegner des Vietnamkriegs aus den USA nach Israel eingewandert.
Während seines Militärdienstes als israelischer Staatsbürger
verweigerte er den Dienst mit der Waffe, ebenso den Dienst in
den Besetzten Gebieten. 1997 gründete er mit Gleichgesinnten das
„Israelische Komitee gegen Hauszerstörung“ (ICAHD = Israeli
Committee Against House Demolition).
Das Komitee gehört zu den ersten israelischen Friedensgruppen,
die mit Palästinensern in Israel und in den Besetzten Gebieten
zusammenarbeiten. Das ICAHD widersetzt sich mit juristischen
Mitteln und gewaltfreien Aktionen der Zerstörung
palästinensischer Häuser.
Das Komitee hat erkannt, dass es Versöhnung zwischen Israelis
und Palästinensern nur durch Wiederherstellung von Gerechtigkeit
geben kann – eine Gerechtigkeit, die durch direkte gewaltfreie
Aktionen und durch das Festhalten an Menschenrechten
herbeigeführt werden muss.
Referent:
Prof. Dr. Jeff Halper
Ort:
InitiativGruppe, Karlstraße 50
Eintritt:
5,50 Euro
FREITAG, 22.05.2009, 19.00 UHR
SIE SCHENKTEN MIR DORNEN
Ausgegrenzt im Land der Verheißung
Lesung mit Susan Nathan
Was treibt
eine allein stehende Frau dazu, ihre komfortable Wohnung in der
quirligen Hauptstadt Tel Aviv aufzugeben und sich in einem
abgelegenen arabischen Dorf niederzulassen?
Für Susan
Nathan liegt die Antwort in ihren Kindheitserinnerungen. An
Südafrika, an das Apartheidssystem. Ihm begegnete sie in Israel
wieder. Denn auch das ist Israel: Verzweiflung, Diskriminierung,
Angst – wie in den schwarzen Townships im Südafrika der
Apartheid.
Dabei war
Nathan erst 1999, als 50-Jährige, aus England ins Land der
Verheißung gezogen. Doch was die gläubige Jüdin und überzeugte
Zionistin gesucht hatte und wozu sie beitragen wollte, fand sie
nicht vor: eine gerechte und humane Gesellschaft. Stattdessen
entdeckte sie einen Panzer aus Eis zwischen jüdischen und
arabischen Israelis sowie eine gigantische Betonmauer zwischen
Israel und dem Westjordanland bzw. dem Gazastreifen. Nathan zog
die Konsequenz: Als einzige Jüdin teilte sie in Tamra im Norden
Israels den Alltag der benachteiligten palästinensischen
Israelis. Nun erfuhr sie am eigenen Leib, wie es ist,
ausgegrenzt zu werden. Für die Israelis war sie fortan eine
„Aussätzige“. Das, aber auch die Herausforderungen, mit denen
ihre arabischen Nachbarn täglich kämpfen und die Hoffnungen, an
die sie sich klammern, beschreibt sie in ihrem Buch. Voller
Wärme, Trotz, Brisanz, aber auch mit Humor.
Ein Buch, das
unter die Haut geht. Weil es demonstrieren will, dass ein
friedliches Zusammenleben von Juden und Araber möglich ist,
geschrieben von einer Frau, die sich nicht mundtot machen lässt
und unverdrossen weiter für wahre Demokratie kämpft.
Referentin:
Susan Nathan
Ort:
Gasteig – Raum 0.131,
Rosenheimerstr. 5
Eintritt:
5,50 Euro
DIENSTAG, 26.05.2009, 19.00 UHR
DEUTSCHLAND, EUROPA
UND DER
NAHOST-KONFLIKT
Vortrag von Alfred
Grosser
Er ist einer
der härtesten europäischen Kritiker der Politik Israels und das
aus folgendem Grund: Alfred Grosser ist selbst Jude. „Solange
Palästinenser an der Mauer gedemütigt werden, solange ein
palästinensischer Staat unmöglich ist, weil die Siedlungen und
die Straßen nur für Israelis sind, solange eine territoriale
Kontinuität unmöglich ist, wird Israel nicht in Frieden leben“,
sagt er. (Interview, Stern, 12.10.2007)
Doch dem 1925 in Deutschland
geborenen und 1933 nach Frankreich emmigrierten
Politikwissenschaftler geht es um mehr als um das Wohlergehen
eines Staates. Ihm geht es um die Einhaltung der Grundrechte
aller Menschen. Um den Humanismus schlechthin, den er nicht
„beleidigt“ sehen will. Gerade als einst unterdrückter Jude
tritt Grosser jeglicher Wiederholung desselben Unrechts an
anderen Menschen entgegen. Das gilt vor allem im Hinblick auf
die Politik Israels. Denn auch das bemerkt er: Noch immer ist
die Legitimation jüdischer Herkunft vonnöten, um Israel zu
kritisieren. „Es ist nach wie vor so, dass sich Deutsche zu
allem Möglichen kritisch äußern dürfen, aber nicht zu Israel.
Menschenrechtsverletzungen anderswo anprangern –kein Problem!
Mit Blick auf Israel aber kommt das nicht infrage. Ich finde das
zutiefst schockierend. Ich finde im Gegenteil, dass ein junger
Deutscher, der nichts zu tun hat mit der deutschen Vergangenheit
- außer der Verantwortung, dass sich so etwas nie wiederholen
darf -, dass ein solcher Deutscher überall dafür eintreten muss,
wenn Grundrechte verletzt werden.“
Stern-Interview
Alfred
Grosser, 1975 mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels
und 1998 mit dem Grand Prix der Académie des Sciences morales et
politiques ausgezeichnet, ruft an diesem Abend alle Europäer
erneut zu ethischer Verantwortung auf.
Referent:
Alfred Grosser
Ort:
Gasteig – Black Box,
Rosenheimerstr. 5
Eintritt:
5,50 Euro
DONNERSTAG, 28.05.2009, 19.00 UHR
THE ONE STATE
SOLUTION –
DIE EINSTAATENLÖSUNG
Vortrag von Ghada
Karmi
Ein Land wie
eine Braut – aber bereits mit einem anderen Mann verheiratet.
Das mussten zwei Rabbiner auf ihrer Reise 1897 durch Palästina
entdecken. Dieser Widerspruch ist bis heute das Dilemma der
„jüdischen Heimstätte“, schreibt Ghada Karmi in ihrem 2007
erschienen Buch „Married to Another Man“.
Ein Dilemma,
aus dem es für die Palästinenserin, die 1948 selbst aus ihrer
Heimat vertrieben wurde, nur einen Ausweg gibt: die
Einstaatenlösung. „Das historische Land Palästina gehört allen,
die dort wohnen und die von dort vertrieben wurden“, heißt es in
der „Einstaatenerklärung“, die auf einer Konferenz in London
diskutiert wurde. Der derzeitige Status quo der Palästinenser
als Vertriebene in ihrem eigenen Land, der zu fortdauernden
Radikalisierungen aller dort lebenden Bevölkerungsgruppen
führt, würde durch eine gemeinsame Demokratie aufgehoben.
Gleichberechtigung zwischen den Ethnien würde Realität, zumal
unter dem Gebot einer transparenten und fairen
Einwanderungspolitik. Ähnlich wie in der Schweiz würden beide
Gruppen ihre jeweiligen Angelegenheiten selbst verwalten und
nationale Probleme gemeinsam regeln.
Dies freilich
setzt einen Bruch mit der zionistischen Ideologie voraus, die
den Anspruch auf einen exklusiven jüdischen Staat erhebt. Doch
nur auf der Basis dieses Bruches kann die Region langfristig zur
Ruhe kommen – kann Israel selbst zu dem starken,
sozial-gerechten Staat heranwachsen, der auch seinen Gründern
vorschwebte.
Ghada Karmi
vertritt dieses Lösung. Nach ihrer Vertreibung wuchs die
Palästinenserin in England auf, wurde Ärztin, Schriftstellerin,
Wissenschaftlerin. Heute arbeitet sie am Institut für Arab and
Islamic Studies an der University of Exceter und zählt zu den
bekanntesten Nahost-kommentatorinnen im britischen Fernsehen.
Referentin:
Ghada Karmi
Ort:
Gasteig – Raum 0.131,
Rosenheimerstr. 5
Eintritt:
5,50 Euro
FREITAG, 29.05.2009, 19.00 UHR
WHAT YOU THINK YOU
SEE – Activist photography from Israel and Palestine
Vernissage mit Gilad
Baram, Keren Manor und Osama Zatar
Fotoausstellung vom 27.05 -11.06.2009
Was in dieser
Minute in Jerusalem, Bil’In oder Hebron geschieht, kann die Welt
in einer Stunde erfahren. Hoch entwickelte Technologien, die
Informationen in Echtzeit weltweit weitergeben, machen es
möglich.
Das
israelische FotografInnenkollektiv ActiveStills macht sich diese
Entwicklung zunutze – nicht nur um Fotografien, sondern um
Aktivistenfotografien rund um den Globus zu verbreiten. Diese
Ausdrucksform, die seit fünf Jahren in Israel/Palästina an
Bedeutung gewinnt, stellt eine bewusste Kombination aus
Fotojournalismus und sozialpolitischem Aktivismus dar. Mit der
bildlichen Dokumentation von Missständen wollen die Macher
eindeutig Stellung beziehen und das Bewusstsein ihrer
Rezipienten schärfen.
Gilad Baram
und Keren Manor von ActiveStills glauben an die Macht des Bildes
als Vehikel für eine veränderte Wahrnehmung. Sie repräsentieren
einen neuen Typ von Fotografen:
den
Fotograf-Demonstrant-Berichterstatter. „The camera is the mouth.
The picture is the scream”, lautet ihr Credo. Zu Ihrer
Ausstellung gehören Skulpturen des palästinensischen Künstlers
Osama Zatar.
Referenten:
Gilad Baram, Keren Manor und Osama Zatar
Ort:
Gasteig – Glashalle Ost 1.OG,
Rosenheimerstr. 5
Öffnungszeiten
Montag - Sonntag 7.00 - 23.00 Uhr
Eintritt:
frei