Trumps
Nahost-Politik: grotesk – absurd – irrational – Irrsinn -
Armageddon
Michaels Lüders neues
Buch enthüllt haarsträubende Zusammenhänge, wie die USA,
Israel und Saudi-Arabien die Region destabilisieren und den
Krieg gegen den Iran vorbereiten
Arn Strohmeyer
Der
Nahostexperte Michael Lüders warnt in seinem neuen Buch
„Armageddon im Orient. Wie die Saudi-Connection den Iran ins
Visier nimmt“ seine Leser: „Bei der Lektüre werden
vermutlich nicht wenige denken: Das kann doch alles gar
nicht sein. Der Autor übertreibt, das ist unmöglich. Leider
nein, hier geht es darum, was die Welt tatsächlich in
ihrem Innersten zusammenhält, jenseits der Sprechblasen von
Demokratie und Menschenrechten. Um das, was in den
Hinterzimmern der Macht ausgehandelt wird. Um die Hardware.“
Was dieser Autor schreibt, hat Hand und Fuß, seine
Recherchen sind bestens abgesichert. Das Ergebnis seiner
Arbeit ist mehr als erschreckend: Da spielen einige
amerikanische Superreiche, die sich den Staat untertan
gemacht haben, selbst die Regeln bestimmen und die
staatliche Politik mit ihren Privatgeschäften permanent
vermischen, nicht nur mit dem Schicksal einer Region (des
Nahen und Mittleren Ostens), sondern mit dem Schicksal der
ganzen Welt. Völkerrecht und Menschenrechte interessieren
sie nicht im geringsten.
Das
heutige Machtsystem in den USA beschreibt Lüders so: „Mit
Förmlichkeiten halten sich Präsident Trump und Jared Kushner
[der Schwiegersohn Trumps] nicht weiter auf. Sie
symbolisieren den vulgär-clownesken Höhepunkt eines
entfesselten Finanzmarktkapitalismus, in dem die
Vetternwirtschaft keiner Maske mehr bedarf. Sie ist sich
selbst genüge; the winner takes it all. Es wäre ein
Irrtum, Trump für einen Betriebsunfall der Demokratie zu
halten. Vielmehr verkörpert er den Sieg der Kasinoökonomie
über die Politik, verwandelt er den Staat in eine
Aktionärsversammlung, in der Geld gleichbedeutend ist mit
Macht. Ein oder mehrere Großspender wollen Jerusalem als
Hautstadt Israels? Kein Problem sofern der Preis stimmt.“
Die
Hauptakteure in diesem brandgefährlichen Spiel im Nahen und
Mittleren Osten sind neben dem irrlichternden US-Präsidenten
Israel und Saudi-Arabien. Der zionistische Staat und die
erzkonservative wahhabitische Monarchie haben seit 2015 ihre
frühere Feindschaft beigelegt, weil ihnen ein gemeinsamer
Gegner erwachsen ist: der Iran, der inzwischen zum Inbegriff
alles Bösen auf dieser Welt hochdämonisiert wird. Lüders
warnt vor solchen emotional aufputschenden Verteufelungen
und fordert sachliche Analysen der wirklichen
Interessenlagen der Beteiligten.
Der Autor
sieht keine militärische oder „terroristische“ Bedrohung
durch den Iran, sodass auch die Sicherheitsbedürfnisse
anderer Staaten – etwa Israels – nicht der Kern des
Konflikts sind, sondern das Streben nach der regionalen
Vorherrschaft: „Es geht weniger um den rationalen Umgang mit
einer vermeintlichen oder tatsächlichen iranischen
Bedrohung, sondern um die Machtverteilung in der Region und
die Eindämmung des ‚Schurkenstaates‘ [Iran].“ Die USA
verfolgen vor allem auch das Ziel, die militärische
Vorherrschaft des zionistischen Staates in der Region zu
zementieren. Und diese Position ist nach der Zerstörung des
Iraks und Syriens nur noch durch den Iran gefährdet, denn
dieser Staat funktioniert und ist die bei weitem stärkste
Militärmacht, die in der Lage ist, die Bewegungsfreiheit des
atomar bewaffneten Israel einzuschränken. Dabei geht es
Teheran keineswegs um die „Vernichtung“ Israels (wie immer
wieder behauptet wird), dazu ist der Iran militärisch gar
nicht in der Lage. Aber ein Krieg gegen den Iran ist mit
einem sehr hohen Risiko verbunden, weil die Folgen völlig
unkalkulierbar sind.
Ironie
der Geschichte ist: Der Iran verdankt seine heutige starke
Position in der Region nicht seiner „aggressiven
Expansionspolitik“ (wie im Westen behauptet wird), sondern
ausschließlich den Fehlern einer blinden und kopflosen
westlichen Politik. Denn erst durch die amerikanische
Zerstörung des Irak im Krieg gegen Saddam Hussein 2003 und
die als Folge dieses Krieges massive Verheerung Syriens sind
das Chaos und das machtpolitische Vakuum angerichtet worden,
das der Iran strategisch für sich nutzte. Wer kann es ihm
verdenken? Er konnte ernten, was andere vor ihm gesät
hatten.
Lüders
bringt diesen Fehler des Westens auf die Formel: „Teheran
hat das getan, was Geopolitik, also eine an größeren
geographischen Zusammenhängen orientierte Machtpolitik,
grundsätzlich auszeichnet: Jeder Fehler der Gegenseite wird
sofort für eigene Interessen genutzt, kein Machtvakuum
geduldet. Um es klar und deutlich zu benennen: der im Westen
und Israel wahrgenommene geopolitische Machtzuwachs Irans
verdankt sich in erster Linie den Fehlern amerikanischer und
israelischer Politik.“
Wenn man
meint, dass eine Weltmacht aus eigenen Fehlern lernen kann,
dann ist das weit gefehlt. Lüders nennt weitere Beispiele
westlicher Politik im Orient, bei denen die Moral – vom
Völkerrecht ganz zu schweigen – völlig auf der Strecke
bleibt. So hat die amerikanische Politik zusammen mit
Saudi-Arabien noch ein „Reich des Bösen“ ausgemacht: das
Emirat Katar. Ihm wird angelastet, enge Beziehungen zum Iran
zu unterhalten und damit den „Terrorismus“ zu unterstützen.
Nun muss Katar allein aus geographischen Gründen gute
Kontakte zu Teheran pflegen, denn beide Staaten sind
Nachbarn und beuten gemeinsam das weltweit größte Erdgasfeld
im Persischen Golf aus, das die Seegrenzen beider Staaten
überschneidet. Saudi-Arabien sprach wegen dieser politischen
Nähe Katars zum Iran zusammen mit den Emiraten einen Boykott
gegen den kleinen Staat aus.
Irgendwie
vermischt sich das Komplott der Saudis gegen Katar, das
sicher nicht ohne Druck der USA zustande kam, mit einer
familiären Angelegenheit der Trumps. Denn Trumps
Schwiegersohn Jared Kushner hat milliardenschwere
Verbindlichkeiten wegen einer Immobilie in New York und
hatte bei reichen Vertretern Katars um einen Kredit
nachgesucht, war mit seinem Anliegen aber gescheitert.
Lüders merkt dazu an: „Katarischer Darstellung zufolge war
der begeisterte Tweet Trumps beim Boykott Katars
(„…Vielleicht der Anfang vom Ende des terroristischen
Horrors!“) eine unmittelbare Reaktion auf weitere
gescheiterte Verhandlungen Kushners mit katarischen
Investoren im Zusammenhang mit seiner Luxusimmobilie 666
Fifth Avenue. Wenn es Dohar [Hauptstadt und Regierungssitz
Katars] gelingt, dafür den Beweis zu erbringen, etwa auf der
Grundlage gehackter Informationen, ist Kushner geliefert und
Trump als Präsident angezählt. Das würde an Landesverrat
grenzen – ein Showdown am Golf, weil der Pleitier Kushner
dringend Geld benötigt, es aber nicht bekommt, und sein
Schwiegervater zu ihm hält?“
Auch bei
dem Krieg in Syrien ging es den USA und auch Israel nie –
wie behauptet – um Demokratie und Menschenrechte, sondern um
den Sturz des Assad-Regimes und den Gewinn der strategischen
Tiefe in der Auseinandersetzung mit den Schiiten im Irak und
Iran. Wenn der Westen (in diesem Fall die USA und die EU) im
Bündnis mit der Türkei und den Golfstaaten seinen Einsatz in
Syrien mit den Gräueltaten des Assad-Regimes begründet (weil
es dadurch jede Legitimität verloren habe), ist das, ohne
das brutale Vorgehen des syrischen Diktators leugnen zu
wollen, pure Heuchelei, denn die amerikanische Politik hat
nie Skrupel gehabt, blutrünstige Diktatoren zu unterstützen,
wenn sie ihren Interessen dienten. So ist der ägyptische
Präsident as-Sisi trotz gravierender
Menschenrechtsverbrechen ein treuer Verbündeter der USA. Der
frühere US-Präsident Ronald Reagan pflegte über solche
Diktatoren zu sagen: „Natürlich sich das Verbrecher, aber es
sind ‚unsere‘ Verbrecher!“
Lüders
weist auch darauf hin, dass nicht nur die Rückeroberung
Aleppos und Ost-Ghoutas durch die syrische Armee viele Opfer
gekostet und furchtbare Zerstörungen angerichtet hat,
sondern genauso auch die Rückeroberung Mossuls und Raqqas
durch die US-Armee und ihre Verbündeten. Lüders
Schlussfolgerung: „Die Kritik wird heuchlerisch, wenn sie
sich ausschließlich gegen eine Kriegspartei richtet, denn
alle Kriegsparteien haben sich in Syrien wie auch im Irak
dieser Methoden bedient: Einkreisen, Aushungern und
Dauerbeschuss des Gegners.“
Zu
hinterfragen sind auch die Vorwürfe gegen das Assad-Regime,
Giftgas eingesetzt zu haben. Besonders im Fall Ost-Ghouta.
Die Truppen Assads hatten diese Stadt bereits vollständig
erobert – warum sollten sie dann noch Giftgas einsetzen? Das
gibt keinen Sinn. Hatte der Westen nur einen Vorwand für
seine Vergeltungsangriffe gesucht, die auch unmittelbar
darauf erfolgten, und die ein klarer Bruch des Völkerrechts
waren. So wie auch das Verbleiben der amerikanischen Truppen
und ihrer verbündeten Milizen im Osten Syriens (unter dem
Vorwand, die letzten Kämpfer des IS auszuschalten), ein
klarer Verstoß gegen das Völkerrecht ist. Lüders kommentiert
diesen Vorgang so: „Die ‚Guten‘ sind offenbar der Meinung,
internationale Rechtsnormen hätten nur dann eine Bedeutung,
wenn die ‚Bösen‘ sie missachten.“
Eine
weitere absurde und menschenverachtende Großtat der
amerikanischen Politik (diesmal im Bunde mit Großbritannien
und den Saudis) ist der Konflikt im Jemen. Dort kämpfen die
Huthi-Rebellen gegen die Zentralregierung in der Hauptstadt
Sanaa als Reaktion auf ihre politische und wirtschaftliche
Benachteiligung. Die saudische Führung unterstellt nun den
Huthis, dass sie vom Iran gesteuert seien, um Saudi-Arabien
zu destabilisieren, sie verfolgten also eine Strategie der
aggressiven Expansion. Lüders spricht in diesem Zusammenhang
von „Ideologie und Paranoia“ und nennt folgende Gründe:
Geostrategisch sei das Land für Teheran anders als der Irak,
Syrien und der Libanon nur von untergeordneter Bedeutung.
Die Huthis orientierten sich auch politisch gar nicht am
Iran. Vor Ort sei der Iran auch nur mit Militärberatern
präsent, nicht mit kämpfenden Milizen.
Die USA
sind aber schon seit Jahren tief in diesen Krieg verwickelt.
Das Huthi-Problem wird auf „Terrorismus“ reduziert.
US-Präsident Obama glaubte, es mit Drohnenangriffen lösen zu
können, was aber die Solidarität unter den Huthis und ihren
Widerstand nur verstärkte. Saudi-Arabien und Abu Dhabi gehen
mit äußerster Brutalität gegen die Huthis vor: mit
Luftangriffen und einer Totalblockade, um das Land
auszuhungern und zur Kapitulation zu zwingen. Dieses
Vorgehen hat dort inzwischen zu einer unvorstellbaren Not
geführt. Die UNO spricht von der „schlimmsten humanitären
Katastrophe weltweit“.
Die
Hauptverantwortung des Krieges tragen im Hintergrund aber
die USA und Großbritannien, die den Saudis und Abu Dhabi die
Waffen für diesen Krieg und das Kerosin für ihre
Bombenflugzeuge liefern. Lüders sieht den Jemen-Konflikt als
typisches Beispiel für die Doppelmoral westlicher Politik:
„Es stellt sich die Frage, warum diese Tragödie im Gegensatz
zu der syrischen zu keiner oder nur geringer Empörung auf
Seiten westlicher Politiker und Meinungsmacher bis hinauf
zum UN-Generalsekretär führt. Die Antwort ist offenkundig.
Nach westlicher Lesart ist Russland hauptverantwortlich für
das Leid in Syrien, gleichrangig mit oder noch vor dem Iran
und dem Assad-Regime. Die moralische Anklage ist folglich
‚politisch korrekt‘. Für das Desaster im Jemen sind neben
den beiden Kronprinzen in Riad und Abu Dhabi vor allem die
USA und Großbritannien mit verantwortlich – und die zählen
bekanntlich zu den ‚Guten‘. Entsprechend zurückhaltend fällt
die Kritik aus, zumal Kriegsflüchtlinge aus dem Jemen Europa
nicht erreichen, somit die hiesige Innenpolitik nicht
berührt ist.“ Auch hier deutet sich ein Fehlschlag
westlicher Politik an, dessen Ergebnis unter anderem ist,
dass die Beziehungen der Huthis zum Iran so eng geworden
sind, wie sie ohne den Konflikt niemals geworden wären.
Ein
anderes Beispiel für die Arroganz und Hybris der US-Politik
ist die angestrebte „Lösung“ des Palästina-Konflikts.
Präsident Trump hat seinen Schweigersohn Jared Kushner mit
der Ausarbeitung eines „Friedensplans“ beauftragt, eine so
wichtige Frage muss natürlich innerhalb der Familie gelöst
werden! Man muss dazu anmerken, dass Kushner orthodoxer
Jude ist und sich sehr für Israel und seine Siedlungspolitik
engagiert. Gute Voraussetzungen also für diese schwierige
Aufgabe. Da ahnt man dann schon im Voraus, wie dieser Plan
aussehen soll, der noch streng geheim ist, aber so viel ist
durchgesickert: Die Palästinenser sollen ein paar nicht
zusammenhängende kleine Flecken im Westjordanland bekommen,
der kleine Jerusalemer Vorort Abu Dis soll ihre „Hauptstadt“
werden.
Der Rest
der Palästinenser soll im Nord-Sinai angesiedelt werden.
Ägyptens Präsident as-Sisi ist auch mit von der Partie, er
soll dort Land (vermutlich ein Stück Wüste) zur Verfügung
stellen und wird dafür sicher gut bezahlt. Der saudische
Kronprinz Salman hat schon den Präsidenten der
palästinensischen Autonomie-Behörde Mahmud Abbas zu sich
bestellt und ihn unter Druck gesetzt, dem Plan zuzustimmen,
der nichts weiter ist als die Fortsetzung der Nakba, der
endgültigen Vertreibung dieses Volkes aus seiner Heimat in
Reservate oder Bantustans. Da die Hauptbetroffenen – eben
die Palästinenser – gar nicht gefragt werden, nicht einmal
in einem Referendum darüber abstimmen können, sondern
schlicht ohne ihre Mitwirkung eine neue politische Realität
für sie geschaffen werden soll, ist das Scheitern durch den
Widerstand dieses Volkes vorprogrammiert.
Trump hat
ein sehr äußerst schlichtes Weltbild. Er teilt den Globus
politisch in die „good guys“ und die „bad guys“ ein. Daraus
ergibt sich seine Außenpolitik ganz automatisch. Wer will da
noch das Wort Völkerrecht in den Mund nehmen? Es ist unter
ihm und seinen Verbündeten völlig außer Kraft gesetzt.
Saudi-Arabien, ein Staat in dem Menschenrechte nicht viel
gelten, ist ein „good guy“, weil Amerika ihm für Hunderte
von Milliarden Dollar Waffen verkaufen kann, Trump dort auch
persönlich gute Geschäfte macht und schließlich beide Seiten
der Hass auf den Iran eint.
Die
Nahost-Politik Trumps und Israels sind inzwischen
vollständig gleichgeschaltet. Die Grundzüge der israelischen
Politik beschreibt Lüders so: „Die Regierung Netanjahu sucht
nicht etwa den Kompromiss oder den Ausgleich, weder mit dem
Iran noch mit den Palästinensern. Vielmehr soll der als
Feind empfundene Gegner, der als bedrohlich wahrgenommene
‚Andere‘, in die Niederlage gezwungen werden. Erst die
Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde garantiert nach
dieser Logik Frieden und Sicherheit. Eine Politik der Stärke
aber, die allein die eigenen (Sicherheits-) Interessen
gelten lässt, nicht aber auch die der Gegenseite, ist eine
Garantie für Unfrieden, Terror und Krieg.“ Es gilt in diesem
Sinne nur das Recht des Stärkeren und so gesehen darf der
Iran gar keine eigenen Sicherheitsinteressen haben. Lüders:
„Trumps Regierung ist die multipolare Welt ebenso egal wie
eine Politik des Ausgleichs. Die Agenda der Weltmacht ist
unmissverständlich: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.
Und wer sich unseren Vorstellungen nicht unterwirft, wird
bestraft. Das Faustrecht ersetzt das Völkerrecht.“
Ein
trauriges Kapitel im diesem gar nicht lustigen Possenspiel
sind die Medien, genau gesagt die westlichen
Mainstreammedien. Sie hätten eigentlich die Pflicht, die
gefährlichen Absurditäten und Widersprüche der westlichen
Politik im Nahen und Mittleren Osten zu hinterfragen und zu
entlarven. Aber sie tun das in der Regel nicht, machen die
Einteilung der Welt in „Gut“ und „Böse“ mit. Und so findet
der skrupellose saudische Herrscher Salman, den Lüders einen
„Machiavelli“ oder „Mephisto“ nennt, eher eine freundliche
Presse, weil er sich prowestlich gibt und die westlichen
Staaten mit ihm wirtschaftlich eng verbunden sind – nicht
zuletzt durch Waffenverkäufe.
Negative
Medienbeispiele in diesem Sinne sind die Dämonisierung des
Iran wegen seiner Rolle, die er in Syrien und dem Irak
spielt, oder die Ausblendung der mitverantwortlichen Rolle,
die die USA und Großbritannien bei der Zerstörung des Jemen
spielen. Auch die Rolle Russlands in Syrien wird
ausgesprochen kritisch gesehen. Lüders folgert aus einer
solchen Berichterstattung: „Da geht es nicht um
Ausgewogenheit und Vollständigkeit (…), sondern um die
Beibehaltung einer Schwarz-Weiß-Perspektive, die den längst
ausgemachten Feind unterschwellig, gleichwohl
unmissverständlich benennt. Ein solches Narrativ ist von
(Kriegs-) Propaganda kaum noch zu unterscheiden.“ Lüders
Ausführungen in diesem Buch sind ein Beleg dafür, wie sehr
in den westlichen Staaten (gerade auch in Deutschland) eine
„Lückenpresse“ dominiert, die sich ganz eindeutig den
Interessen westlicher Machtpolitik unterordnet. (Die zumeist
völlig unkritische Haltung der deutschen Medien gegenüber
der völker- und menschenrechtswidrigen Politik Israels
gegenüber den Palästinensern wäre ein eigenes Kapitel wert.)
So müssen
Einzelne wie Lüders oder alternative Medien allein hinter
die Kulissen dieser Machtpolitik schauen und ihre eklatanten
Widersprüche, ihre Verletzungen des Völkerrechts und ihre
unmoralischen Abgründe aufdecken: Dass die Politiker des
Westens ständig große Ideale und humanistische Motive wie
Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte anführen, erweist
sich bei näherem Hinsehen als leere Rhetorik. Das Vorgehen
gegen den Iran ist dafür ein gutes Beispiel. Dieser Staat
gilt als das absolut Böse (obwohl er, was Lüders ausführlich
belegt, gegen die erzreaktionäre, zum Teil noch im
Mittelalter verharrende saudische Monarchie fast ein
liberaler Rechtsstaat ist), aber er ist der letzte
Widersacher westlicher Hegemonie in dieser Region und muss
deshalb ausgeschaltet werden – wie auch immer und in einem
solchen Ausmaß, dass er für die Machtinteressen des Dreiecks
USA. Israel und Saudi-Arabien keine Gefahr mehr darstellt.
Trump hat
dem Iran den Krieg erklärt und wird ihn durchführen: mit
einem direkten Angriff zusammen mit Israel oder mit der
Salami-Taktik von verschärften Wirtschaftssanktionen und der
Inszenierung von inneren Aufständen, um den Regime-Wechsel
herbeizuführen. Lüders fragt mit Recht: Wo und wann hat ein
von den USA herbeigeführter Regime-Wechsel schon einmal
wirklich Demokratie, Frieden und Fortschritt gebracht? Aber
eins ist absolut sicher, da ist dem Autor rückhaltlos
zuzustimmen: Sollte es zum Äußersten kommen, wird das
Ergebnis nicht ein westlich orientierter Iran sein, sondern
Armageddon im Orient. Und die Folgen werden nicht nur der
Nahe und Mittlere Osten tragen, sondern auch Europa: durch
eine globale Wirtschaftskrise und neue Flüchtlingsströme.
Europa und auch Deutschland können dann nicht sagen, sie
hätten es nicht gewusst. Der alte Kontinent samt der NATO
hat zu lange vor einer hybriden amerikanischen und
israelischen Politik der Dummheit und Verblendung die Augen
verschlossen und wird den Preis dafür zahlen müssen.
Michael
Lüders sei Dank für dieses aufklärende Buch!
26.09.2018
Michael Lüders
Armageddon im Orient
Wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt
München
2018
ISBN 978-3-406-72791-7
14,95 Euro
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