Präsident Arafat ist tot. Im
militärischen Krankenhaus Percy bei Paris, wo Arafat in der
vergangenen Nacht gestorben ist, nahm eine französische
Delegation, die vom französischen Präsidenten Jacques Chirac
angeführt wurde, Abschied von Präsident Arafat. Präsident Chirac
sprach der Familie des Verstorbenen und dem palästinensischen
Volk sein Beileid aus und betonte, dass es nun darum gehe, den
Friedensprozess zu beschleunigen. "Frankreich wird wie seine
Partner in der Europäischen Union mit Entschlossenheit und
Überzeugung sein Engagement für zwei Staaten - einen
lebensfähigen, friedlichen und demokratischen palästinensischen
Staat und den Staat Israel - fortsetzen, die Seite an Seite in
Frieden und Sicherheit leben", erklärte er.
Ehrenvolle Abschiedszeremonie in Paris
An der Abschiedszeremonie nahmen
auf palästinensischer Seite die Gattin des palästinensischen
Präsidenten Frau Suha Arafat, der Bürochef Arafats Dr. Ramzi
Khoury, der Generaldelegierte Palästinas in Deutschland,
Abdallah Frangi als Leiter der palästinensischen Delegation, die
Generaldelegierte Palästinas in Frankreich, Leila Shahid, der
Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Nabil
Shaath, der Botschafter Palästinas bei den Vereinten Nationen
Nasser Kidwa sowie der islamische Geistliche Scheich Tamimi
teil.
Am Freitag ist nach Angaben der
PLO-Führung in Kairo eine Trauerzeremonie geplant. Am selben Tag
soll Arafat auf dem Gelände seines Hauptquartieres in Ramallah
in heiliger Erde vom Gelände der Al-Aksa-Moschee bestattet
werden. Zehn Säcke Erde sollen nach Angaben eines
Fatah-Sprechers aus Jerusalem nach Ramallah gebracht werden.
Arafat solle in einem Steinsarg beerdigt werden, um eine spätere
Umbettung nach Jerusalem zu ermöglichen, hieß es. Israel hatte
eine Bestattung in Jerusalem abgelehnt. Die Palästinenser haben
jedoch erklärt, an ihrem Ziel der Grabstätte in Jerusalem
festzuhalten. "Die letzte Ruhestätte wird die Al-Aksa-Moschee
sein", sagte Kabinettsminister Sajeb Erakat.
Unter den Palästinensern überall
in der Welt löste der Tod tiefe Trauer aus. Die palästinensische
Führung in den besetzten Gebieten rief 40 Tage Trauer aus. Vor
Arafats Hauptquartier in Ramallah fuhren Autos mit schwarzen
Fahnen, während in den Radiosendern aus dem Koran gelesen wurde.
Übergangspräsident
Fattouh vereidigt
Nach dem Tod des
palästinensischen Präsidenten Arafat ist der palästinensische
Parlamentspräsident Rauhi Fattouh am Donnerstagmorgen als
Übergangspräsident vereidigt worden. Auf einer Sondersitzung des
Parlaments in Ramallah wurde die Zeremonie wenige Stunden nach
Bekanntwerden der Nachricht vom Tode Arafats vollzogen. Die
vorläufige Nachfolge ist in der Verfassung geregelt. Auf Fattouh
kommt als Hauptaufgabe zu, Wahlen in den Palästinenser-Gebieten
binnen 60 Tagen zu organisieren.
Das Exekutivkomitee der
Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ernannte den
ehemaligen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas (70) zu ihrem neuen
Vorsitzenden. Der Chef der außenpolitischen Abteilung der PLO,
Farouk Kaddoumi, wurde zum Vorsitzenden des Zentralkomitees von
Al- Fatah ernannt.
Internationale
Würdigung Arafats
Verknüpft mit der Würdigung des
verstorbenen palästinensischen Präsidenten Arafat und
Beileidsbekundungen für das palästinensische Volk haben
Staatsoberhäupter und führende internationale Politiker ihre
Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten zum Ausdruck gebracht.
UN-Generalsekretär Kofi Annan
zeigte sich vom Tod des 75-Jährigen "tief berührt". Im Buch der
Geschichte werde sich die Welt an Arafat als den Mann erinnern,
der die Palästinenser dazu gebracht habe, den Gedanken einer
friedlichen Koexistenz mit Israel zu akzeptieren, erklärte Annan
in seinem Kondolenz-Schreiben. Zugleich hob er das Recht der
Palästinenser auf Selbstbestimmung hervor. Es müssten jetzt noch
mehr Anstrengungen unternommen werden, dieses Ziel friedlich zu
verwirklichen.
Papst Johannes Paul II.
würdigte Arafat als einen "Führer von großem Charisma", der sein
Volk liebte und es in die nationale Unabhängigkeit führen
wollte. Der Vatikan hoffe auf den baldigen Frieden im Heiligen
Land, "mit zwei unabhängigen und souveränen Staaten, die sich
endlich untereinander ausgesöhnt haben", hieß es. Dafür habe der
Papst gebetet, teilte sein Sprecher mit.
Der EU-Außenbeauftragte Javier
Solanasagte, der beste Weg, Arafat zu würdigen sei es, die
Bemühungen zur Gründung eines friedlichen und lebensfähigen
Palästinenserstaates zu verstärken. Im Namen der EU erklärte der
amtierende EU-Ratspräsident, der niederländische Außenminister
Bernard Botim, in Arafat habe das palästinensische Volk einen
demokratisch gewählten Präsidenten verloren, dessen Hingabe und
Engagement für die Frage der palästinensischen Nation nie in
Zweifel gestanden habe.
Als großen Verlust für das
palästinensische Volk bezeichnet Bundeskanzler Schröder
Arafats Tod. Er sei ihm nicht vergönnt gewesen, sein Lebensziel
- einen unabhängigen Staat für die Palästinenser - zu vollenden,
schrieb Schröder in einem Beileidstelegramm. Bundespräsident
Horst Köhler wünschte der palästinensischen Führung "Mut und
Weitsicht, entschlossene Schritte auf dem Weg des Friedens und
der Reformen zu gehen".
Auch nach Ansicht des britischen
Premierministers Tony Blair muss der Frieden im Nahen
Osten jetzt "oberste Priorität haben". "Wir müssen ohne zu
ermüden daran arbeiten, dass das Ziel eines lebensfähigen
Palästinenserstaates neben einem sicheren Israel verwirklicht
wird." Blair würdigte Arafat als Symbol der nationalen
palästinensischen Bewegung: "Er führte sein Volk zu historischer
Anerkennung". Für Großbritannien wird Außenminister Jack Straw
zu den Trauerfeierlichkeiten nach Kairo reisen.
Auch der russische Präsident
Wladimir Putin bedauerte den Arafats Tod als "schweren
Verlust für das palästinensische Volk" und sprach der
Palästinenserführung sein Beileid aus. Das russische
Außenministerium forderte Israelis und Palästinenser auf, jetzt
gemeinsam gegen "die Feinde des Friedensprozesses" vorzugehen.
Erklärung des
Bundesaußenministers Fischer zum Tod Arafats
Mit dem Tod von Präsident Yasser
Arafat hat das palästinensische Volk seinen historischen Führer
verloren. Eine Ära geht mit ihm zu Ende. Unser Mitgefühl und
Beileid gelten der Familie des Verstorbenen und dem
palästinensischen Volk.
Das Leben Yasser Arafats steht
für die wechselvolle und tragische Geschichte des
palästinensischen Volkes und des Nahen Ostens insgesamt. In ihm
spiegelten sich die Hoffnungen vieler Menschen auf Frieden,
immer wieder aber auch ihre Enttäuschungen und Rückschläge
wider.
Wir wünschen dem
palästinensischen Volk in dieser Stunde die Kraft, seinen Weg zu
einem souveränen, unabhängigen und demokratischen Staat weiter
zu gehen, der friedlich und in anerkannten Grenzen Seite an
Seite mit Israel lebt.
Jetzt muss alles getan werden, um
einen geordneten Machtübergang zu erreichen. Von zentraler
Bedeutung ist dabei eine durch baldige Wahlen legitimierte
Führung, die einer gerechten Friedenslösung verpflichtet bleibt.