Israel wird von religiösen Fanatikern
kontrolliert
Shulamit Aloni ( frühere
Kultusministerin, Meretz-Partei) 4.6.09
http://www.haaretz.com/hasen/spages/1090366.html
Es
ist noch nicht lange her – während des rassistischen Geschimpfes
von Rabbi Meir Kahane – dass mir der (vor kurzen) verstorbene
Schriftsteller und Journalist Amos Elon die Kopie eines Briefes von
Lord Rothshild gab, den er im August 1902 an Herzl gesandt hatte. In
diesem Brief erklärt er, warum er sich weigert, die Errichtung eines
jüdischen Staates im Lande Israel zu unterstützen. Er schreibt, er
„würde mit Schrecken der Errichtung einer jüdischen Kolonie …
entgegensehen , …. es würde ein Ghetto mit Vorurteil eines Ghettos
sein, es würde ein kleiner niedlicher jüdischer Staat sein, orthodox
und untolerant, der Nichtjuden und Christen ausschließt.“
Trotz der Phänomene wie Kahane herrschte Jahre lang die Hoffnung,
dass sich Rothschilds harsche Vision als falsch erweisen würde;
dass Israel tatsächlich allen seinen Bewohnern vollkommene
Gleichheit der sozialen und politischen Rechte zusichern würde, auch
hinsichtlich der Religion, Rasse und des Geschlechtes und „Freiheit
der Religion, des Gewissens, der Sprache, der Erziehung und Kultur
garantieren würde, so wie es in der Gründungserklärung des Staates
festgelegt ist.
Viel Zeit ist vergangen und viele Erben Kahanes sind nachgekommen –
nicht nur unter einer habgierigen und brutalen Menge, sondern auch
unter den „ … gewählten Vertretern“ der Knesset und Regierung. Die
letztere ist eifrig dabei, offensichtlich rassistische Gesetze
vorzubereiten und bewaffnete Polizei zu schicken, damit sie von
Palästinensern initiierte internationale kulturelle Ereignisse*
vereitelt, weil das Regime glaubt, dass die Araber Israels, also die
einheimischen Palästinenser, es nicht wert seien, Menschen genannt
zu werden. Gemäß der Schreiber dieser Gesetze dürfen die Araber die
Menschenrechte sicher nicht beanspruchen, und schon gar kein
kulturelles und intellektuelles Leben haben und natürlich auch
keinen Besitz, kein Haus und Land, weil vor Tausenden von Jahren
Gott dieses Land dem Abraham und seinen Nachkommen versprochen hat.
Das ist bedauerlich und skandalös. Was Lord Rothschild
vorausgesagt hat, das hat sich in unserer Zeit erfüllt. In unsern
schlimmsten Träumen und in den härtesten Zeiten, als wir um die
Errichtung des Staates kämpften, hätten wir uns nicht vorstellen
können, dass jene, die sich Zeev Jabotinskys Anhänge nannten,
solchen Terror und Furcht hier verbreiten, indem sie so wahnsinnige
rassistische Gesetzgebung anwenden. Niemals stellten wir uns vor,
dass sie sich die Zerstörung des Rechtssystems vornehmen, um jede
Möglichkeit zu verhindern, dass soziale Gerechtigkeit und humane
Einstellung zu erreichen. Dies ist in einer demokratischen
Gesellschaft etwas Wesentliches gegenüber jedem Mann, jeder Frau
und jedem Kind, egal welcher Herkunft, Rasse, Religion oder welches
Geschlechts er oder sie ist.
Seit 42 Jahren haben wir Land gestohlen, besetzt, das uns nicht
gehört und Menschen unterdrückt. Um in unserm Land frei zu sein,
müssen wir wie raubende Kossacken werden, Bäumen zerstören,
Feldern verbrennen, Frauen, alte und sehr junge Leute
schikanieren. „Wir haben dieses Land, wir haben es….“ lautet ein
Lied, womit gemeint ist: „wir haben die Macht, wir haben sie, wir
haben das Geld, wir haben es und uns ist alles erlaubt: eine ganze
Bevölkerung auszuhungern, sie gefangen zu halten, sie zu vernichten
mit Luftschlägen, mit Streubomben und Weißem Phosphor. Weil wir die
Herren des Landes sind und Gott uns auserwählt hat, es zu
beherrschen. Was für eine Schande.
„Ein einzigartiges Volk,“ schrieb David Ben Gurion. Leider. Statt
uns einen jüdischen demokratischen Staat zu geben, liefern sie uns
einen jüdischen Staat, der von religiösem Fanatismus kontrolliert
wird, einer der die Reinheit der Rasse erhalten will. Sie haben uns
eine Demokratie im primitivsten Sinne vermacht – nicht die Bewahrung
demokratischer Werte, sondern die Herrschaft des Volkes, der
Bevölkerung, die dabei ist, Israel in eine totalitäre Ethnokratie
zu verwandeln.
Ein Hurra für Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Außenminister
Avigdor Lieberman - sie zerstören alles, was wir aufbauten , wovon
wir träumten und wofür wir kämpften.
(*
eine internationale und palästinensische Literaturwoche in
Ost-Jerusalem, die von der isr. Polizei gestört wurde. ER)
(dt. und geringfügig gekürzt Ellen Rohlfs)
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