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Am 10. 1. 2016
wurde die israelische Kriegdienstverweigerin Tair Kaminer
verhaftet, nachdem sie den Wehrdienst bei der Musterungszentrale
verweigert hat.
14. Februar 2016 – UPDATE
–Liebe Unterstützer_innen der Militärdienstverweigerer_innen in
Israel, Tair Kaminer ist am 27.
Januar aus der Haft entlassen worden. Allerdings erhielt sie
wegen der Verweigerung des Militärdienstes eine weitere
Arreststrafe von 25 Tagen, die am 31. Januar begann.
Wenn sie diese in vollem Umfang ableistet, kommt sie am 24.
Februar wieder frei. Es kann aber sein, dass sie wegen guter
Führung schon früher freigelassen wird. Wir werden euch auf dem
Laufenden halten.
Inzwischen ist auch die
Militär-ID-Nr. von Tair Kaminer bekannt. Sie lautet: 8218755.
Bitte sendet weiter Appelle an die
unten angegebenen Zieladressen und Solidaritätspost an Tair
Kaminer.
Vielen Dank.
12. Januar 2016
Es gibt einen neuen Fall. - Die
19-jährige Tair Kaminer aus Tel Aviv wurde am 10. Januar zu 20
Tagen Haft verurteilt, weil sie sich aus Gründen des Gewissens
weigert, in der israelischen Armee zu dienen. Sie wehrt sich
gegen den Militärdienst, weil sie sich nicht an der Durchführung
von Menschenrechtsverletzungen an Palästinensern in den
besetzten palästinensischen Gebieten beteiligen möchte. Tair
Kaminer befindet sich jetzt im Militärgefängnis Nr. 6.
Ehe sie ins Gefängnis ging, sprach
Tair mit der israelischen Sektion von Amnesty International und
sagte: „Dieser Staat, dieses Land, diese Gesellschaft sind mir
zu wichtig, um zu schweigen. Ich möchte, dass meine Verweigerung
dazu beiträgt, die Besatzung in den Blick des öffentlichen
Diskurses in Israel zu bringen, auch wenn ich einen persönlichen
Preis dafür zahlen muss.“
Die Erklärung zu ihrer Verweigerung
von Tair Kaminer findet sich (auf Englisch und auf Deutsch) in
voller Länge am Ende dieses Dokumentes.
WEITERE INFORMATIONEN - doc - >>>
19. Januar 2016 - Liebe
Unterstützer_innen der Militärdienstverweigerer_innen in
Israel,
Die Email-Adresse, an die ihr eure
Solidaritäts- und Unterstützerpost für Tair Kaminer
senden könnt, hat sich geändert. Sie lautet
jetzt:
mesarvot.im@gmail.com
Im beigefügten Dokument und in der unten folgenden
Fallbeschreibung ist dies ebenfalls geändert.
Es können noch weitere Briefe und Appelle gesendet
werden, denn die Freilassung von Tair Kaminer
aus dem Arrest soll erst am 1. Februar 2016 stattfinden.
Viele Grüße
Sabine Isbanner - Kogruppe
Israel/Palästina - Amnesty International - Deutsche
Sektion |
Kaminer, 19, recently finished a year of
national service working with children who
suffer from trauma due to multiple wars in
Gaza and continual rocket fire on the city.
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Solidarität mit der
israelischen Kriegsdienstverweigerin Tair
Kaminer
15. 1. 2016 - Julius Jamal
In Israel wird jeder jüdische Jugendliche
nach der Beendigung der Schule für den
Wehrdienst eingezogen, die wenigsten
verweigern, denn darauf stehen Haftstrafen.
Eine der wenigen Mutigen ist Tair Kaminer,
die 19 Jährige riskiert eine Haftstrafe,
weil sie „keine aktive Rolle bei der
Besatzung der palästinensischen Gebiete“
spielen will. Nun wurde sie deswegen
verhaftet und braucht unsere Solidarität.
Am 10.Januar sollte sie im Rekrutierungsbüro
in Tel Hashomer eingezogen werden, doch sie
verweigerte und erklärt: „Ich habe mich
entschlossen den Dienst in der israelischen
Armee zu verweigern. Seit Jahren gibt es
keinerlei Bestrebung für einen
Friedensprozess, keinen Versuch, Gaza und
Sderot Frieden zu bringen. Solange der
gewaltvolle militärische Weg gegangen wird,
schaffen wir eine Generation voller Hass,
womit die Situation nur eskalieren wird. Wir
müssen dies jetzt stoppen!“
Auch auf das Argument, dass sie die
Sicherheit Israels nicht ernst nehmen würde
ging sie ein: „einer Frau, die alle Menschen
als gleich betrachtet und deren Leben für
gleich wichtig hält, fällt es schwer, an das
Sicherheitsargument zu glauben, solange es
einzig und allein für die Juden gelten soll.
>>>
"Warum ich verweigere" - Erklärung von Ta"ir Kaminer
10. 1. 2016 Ich heiße Tarr
Kaminer, ich bin 19. Vor kurzem haben ich mein freiwilliges
Jahr bei den Pfadfindern in Sderot beendet. In ein paar
Tagen werde ich wohl ins Gefängnis kommen.
Ein ganzes Jahr war ich als Freiwillige in Sderot, ich habe
mit Kindern gearbeitet, die im Kriegsgebiet leben, und dort
habe ich mich entschlossen, den Dienst im israelischen
Militär zu verweigern.
Ich verweigere, weil ich für meine Gesellschaft einen
Beitrag leisten und sie verbessern möchte, als Teil eines
langwierigen Kampfes für Frieden und Gleichberechtigung.
Die Kinder, mit denen ich gearbeitet hatte, wuchsen im
Herzen des Konflikts auf und hatten von klein auf
schockierende Erlebnisse - Erfahrungen, durch die viele von
ihnen großen Hass ausbildeten; man kann das verstehen,
besonders bei so kleinen Kindern. Wie sie lernen viele
Kinder, die in Gasa oder den Gebieten aufwachsen - in noch
schwierigerer Lage -, die andere Seite zu hassen. Auch ihnen
kann man dafür nicht die Schuld geben. Wenn ich all diese
Kinder gemeinsam betrachte, die kommenden Generationen
beider Seiten und die Umstände, unter denen sie aufwachsen,
dann sehe ich eine Kette von Trauma und Schmerz. Und ich
sage: Es reicht!
Seit Jahren gibt es keine Aussicht auf politischen
Fortschritt, es gibt keinen Versuch mehr, Frieden nach Gasa
und Sderot zu bringen. Aber solange der militärische,
gewaltsame Weg weiter beschritten wird, produzieren wir auf
beiden Seiten Generationen voll Hass, die die Lage weiter
verschlimmern werden. Man muss damit aufhören.
Darum verweigere ich: Um nicht eine aktive Rolle an der
Besatzung der palästinensischen Gebiete zu spielen und am
Unrecht, das dem palästinensischen Volk unter der Besatzung
zugefügt wird. Um nicht teilzuhaben am Kreislauf des Hasses
in Gasa und Sderot.
Das Datum meiner Einberufung ist auf den 10. Januar 2016
festgelegt. An diesem Tag werde ich mich bei der
Musterungszentrale einfinden und werde erklären, dass ich
den Wehrdienst verweigere und daher zivilen Ersatzdienst
leisten möchte.
In Gesprächen haben mich mir nahestehende Menschen
beschuldigt, dass ich der Demokratie schade, wenn ich nicht
die Gesetze des Staates einhalte. Aber die Palästinenser in
den besetzten Gebieten leben unter Herrschaft der
israelischen Regierung, obwohl sie sie nicht gewählt haben.
Solange Israel weiter ein Besatzerstaat bleibt, wird es sich
weiter davon entfernen, ein demokratischer Staat zu sein.
Daher ist die Verweigerung Teil des Kampfes um Demokratie
und kein Akt gegen die Demokratie.
Man sagt mir, dass ich mich der Verantwortung für die
Sicherheit des Staates Israel entziehe. Aber mir, als einer
Frau, die alle Menschen als gleich betrachtet und deren
Leben für gleich wichtig hält, fällt es schwer an das
Sicherheitsargument zu glauben, solange es einzig und allein
für die Juden gelten soll. Besonders jetzt, wo die
Terrorwelle weiter wächst, wird klar, dass das Militär nicht
einmal die Juden schützen kann, denn es gibt keinen Weg zur
Sicherheit inmitten des Besatzungszustands. Wirkliche
Sicherheit wird dann entstehen, wenn das palästinensische
Volk . in Würde und Freiheit in einem unabhängigen Staat
Seite an Seite mit Israel leben wird.
Manche drückten ihre Sorge über meine persönliche Zukunft
aus, in einem Staat, in dem das Militär eine solche
Bedeutung hat. Sie rieten mir, trotz meines Standpunkts bei
der Armee zu dienen oder wenigstens nicht in solch
öffentlicher Form zu verweigern. Aber trotz all dieser
Fragen und Sorgen habe ich mich dafür entschieden, offen zu
verweigern, denn dieser Staat, dieses Land, diese
Gesellschaft sind mir zu wichtig als dass ich bereit wäre zu
schweigen. Auch bin ich nicht so erzogen worden, dass ich
mich nur um mich selbst sorgen soll, mein ganzes bisheriges
Leben bestand aus Engagement und Verantwortung in
gesellschaftlichen Dingen.
Möge meine Verweigerung dazu beitragen, auch wenn ich einen
persönlichen Preis bezahlen muss, das Thema Besatzung auf
die Tagesordnung in Israel zu bringen, denn viele Israelis
merken nichts von der Besatzung oder vergessen sie in
unserem Alltag, der so sicher ist verglichen mit dem der
Palästinenser oder dem der Israelis im Westen des Negev [im
Grenzgebiet zu Gasa].
Man möchte uns davon überzeugen, dass der Weg von Militär
und Gewaltalternativlos sei. Aber meiner Meinung nach ist
dies der zerstörerischste Weg, und es gibt andere Wege. Ich
möchte uns alle daran zu erinnern, dass es eine Alternative
gibt: Verhandlungen, Frieden, Optimismus, ehrlicher Wille
auf ein Leben in Gleichberechtigung, Sicherheit und
Freiheit.
,
Man möchte uns davon überzeugen, dass das Militär nichts mit
Politik zu tun hat. Aber im Militär zu dienen ist eine
schwerwiegende politische Entscheidung, genauso wie die zu
verweigern. Wir junge Leute müssen sie und ihre Bedeutung
sehr genau abwägen und ihre Konsequenzen für unsere
Gesellschaft begreifen. Als ich das tat, habe ich mich dazu
entschieden zu verweigern. Das Militärgefängnis macht mir
weniger Angst als der Verlust der Humanität in unserer
Gesellschaft.
Ich möchte nicht Dinge tun, hinter denen ich nicht stehen
kann, und dann im nachhinein das Schweigen brechen. Ich
verweigere, und auch Ihr solltet darüber nachdenken.
(Übersetzung aus dem Hebräischen: Rolf Verleger, 9.1.16)
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