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"Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net
To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de
Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus
den besetzten Gebieten
Ein Besuch in Tulkarem
Der elektrische Zaun ist inzwischen
fertig gestellt. Die Soldaten
wollten uns nicht durchlassen - ein Schild verkündete dass keine
Israelis durchgehen durften - aber wir waren keine Israelis, so ließ
man uns durch. Einer Kollegin, die später nach kam wurde gesagt, es
sei ein Fehler gewesen, uns durchzulassen, und hielt sie zurück.
Es ist klar, dass die israelische Regierung nicht will dass
Ausländer
oder ihre eigene Bevölkerung sieht, was mit dem Leben der
PalästinenserInnen in diesen durch die Mauer geschaffene Enklaven
geschieht.
Wir gingen zum Gewerkschaftsbüro und kauften einige Geschenkartikel.
Eine Frau aus dem Dorf Nazlat 'Isa erzählte uns von dem Haus eines
Bräutigams, das in der Nacht vor der Hochzeit zerstört wurde, um
Platz für die Mauer zu machen. Das Paar muss jetzt in einem Raum im
Haus der Mutter leben. Insgesamt wurden 4 Häuser und 200 Geschäfte
zerstört. Das Dorf ist jetzt von der Mauer umgeben und der Zugang
unterliegt den Soldaten.
Wir besuchten die Sultanfamilie in Al Jarushiya, die früher 400
dunam
Land besaßen (40ha). 300 Dunam sind jetzt abgeschnitten, 50
enteignet für die Mauer, Land auf dem früher Zitrusbäume wuchsen.
Uns wurde erzählt wie der Ingenieur einen "Fehler" um 30 Dunam
machte, und dass 1000 Olivenbäume irrtümlicherweise entwurzelt
wurden, viele unter der Erde begraben, die für die Mauer ausgehoben
wurde. Keine Kompensation wurde für den Verlust der Bäume geboten.
Die Mauer ist jetzt etwa 100m von Haus.
Man erzählte uns, dass
nachts Soldaten den Zaun patrouillieren und Lärmgranaten werfen,
Ausgangssperren verkünden, singen und Musik durch Lautsprecher
spielen, so dass sie nicht schlafen können. Die Dorfbewohner sehen
dies als weiterer Versuch, sie zu zwingen, ihr Land zu verlassen,
ein
freiwilliger 'Transfer', subtiler als sie einfach zu entfernen.
Die Bauern müssen nun 5km zu einem Landwirtschaftstor gehen, und
dann
weitere 5km laufen, um zu ihrem 100m entfernten Land zu gelangen.
Sie dürfen kein Auto verwenden. Außerdem brauchen sie
Erlaubnisscheine, was eine Woche dauert. Die Scheine sind dann 1
Monat gültig. Von 120 Menschen erhielten nur 10 oder 12 die
Erlaubnisse. Den Großeltern wurde die Erlaubnis gegeben, aber sie
können die 10km nicht laufen. Die Soldaten sagten ihnen, sie
benötigte für ihren Esel noch eine Erlaubnis, und sie sollten den
Esel nach den Bauern nennen, in palästinensischen Augen eine
Beleidigung. Obwohl es fest Zeiten für die Öffnung des Tores gibt,
öffnen es die Soldaten nach Lust und Laune, und die Bewohner müssen
manchmal stundenlang warten.
Vor 4 Jahren, vor der Intifada, haben 70 bis 80% der Leute in Israel
gearbeitet.
Nun haben sie keine Arbeit und das Land wurde ihr
einziger Lebensunterhalt. Familien verdienten genug vom Land um die
Erziehung der Kinder zu bezahlen, zu heiraten und Häuser zu bauen.
25
Familien hatten das Reichtum des Landes geteilt, dass etwa 45 000
Schekel pro Familie im Jahr einbrachte.
Früher exportierten die Bauern ihren Ertrag an die restliche
Westbank
und Israel. Tomaten brachten ihnen 2-5 S. pro Kilo. Jetzt kann man
einen 15kg Karton für 3 S. kaufen. Palästinenser in Jerusalem dürfen
andererseits keine Erträge aus der Westbank kaufen. Die Buße dafür
beträgt 48 000 S. Wie auch immer sind die Palästinenser völlig
verarmt....
Vor der Mauer war die Arbeitslosigkeit in Tulkarem schon sehr hoch,
etwa 75%. Jetzt ist es 88-90%.
Ein Bauer fragte, wie sie nun leben
sollten, ohne Hoffnung. "Wir hatten immer Hoffnung gehabt und
glaubten, dass die Dinge nicht so schlimm waren, weil das Land noch
da war, und nun können wir es nicht erreichen. Wenn die Mauer fertig
ist, wird Israel das ganze Wasser und 53% des Landes in der Westbank
besitzen. "Wie können wir glauben, dass Israel Frieden will?" fragt
er. Er glaubt nicht, dass töten irgendetwas löst und lehrt sein Kind
friedlich zu sein, aber jetzt sagt sein Sohn, dass sein Weg nichts
bringt und hängt Fotos von Martyrern auf. Er fragt, wer das Denken
seines Sohnes verändert hat... Er glaubt, dass die Palästinenser
gedrängt werden, ihr Land zu verlassen oder langsam zu sterben.
Es hat 26 Demos gegen die Mauer gegeben, mit insgesamt Tausenden von
Teilnehmern, aber ohne Erfolg. "Früher hatten wir etwas Zuflucht zum
Gesetz, aber jetzt wird die Welt nur durch Macht kontrolliert."
Wir besuchten Qalqilya durch den engen Eingang [Qalqilya ist nur
durch einen schmalen Durchgang mit der restlichen Westbank
verbunden], das auch einem Checkpoint und einer Militärbasis
besteht.
Viele Leute aus Qalqilya sind gegangen und versuchen in anderen
Ländern ihr Lebensunterhalt zu verdienen. Qalqilya war früher eine
blühende Einkaufsstadt. Nun ist es eine sterbende Stadt.
Von der Qalqilyaseite kann man die volle 8m Höhe der Mauer sehen,
und
die Schwierigkeiten, die sie den Palästinensern bringt. Von der
Israelischen Seite, kann man im Auto vorbeirasen und neue Anlagen
sehen, Büsche und Blumen und eine Mauer, die etwa 1m hoch aussieht,
und man kann sich die Härten gar nicht vorstellen, die sie den
Palästinensern bringt.
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Schließlich schickt Dorothy noch einen Artikel über den erneuten
Druck der USA auf Sharon, die Versprechen bezüglich der Siedlungen
und der Bewegungsfreiheit der Palästinenser einzuhalten. Dabei,
bemerkt sie, müsste die USA lediglich ihre Zahlungen und
Waffenlieferungen ein paar Tage einfrieren, um die Israelis zum
Einlenken zu zwingen. Aber es bleibt bei Worten, die nichts
bewirken.
Und wie ist es mit deutschen Lieferungen von Panzerkupplungen, die
angeblich kein Kriegsgerät sind? - man kann ja nicht damit schießen!
Gruß,
Anka
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