
Quelle
Die Logik des CDU-Politikers Jens Spahn:
Wenn universalistisch denkende Juden Israels Vorgehen im Gazastreifen kritisieren, sind sie Nazi-verdächtig
Arn Strohmeyer - 28.10.2024
Die deutsche Erinnerungs- und die deutsche Israel- und Nahostpolitik hängen eng zusammen. Das versteht sich nach den Nazi-Verbrechen von selbst. Ein äußerst kurioses Stück deutscher Vergangenheitsbewältigung hat sich jetzt der CDU-Politiker Jens Spahn geleistet. Er sprach damit sicher im Namen seiner gesamten Partei. Was war geschehen?
Die Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz (SPD) hatte Mitte Oktober auf Instagram einen Beitrag der „Jewish Voice for Peace“ (die deutsche Sektion ist die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“) geteilt, in dem der brutale israelische Angriff auf ein Krankenhaus im Gazastreifen gezeigt wird – nach israelischer Darstellung natürlich eine Hamas-Zentrale.
Die Affäre, die eigentlich gar keine ist, hatte Spahn mit der Feststellung ausgelöst: „Es ist eine Schande, dass zum ersten Mal seit Hermann Göring möglicherweise wir im Deutschen Bundestag wieder tagen, diskutieren oder da sitzt jemand und präsidiert gegen Israel und gegen Juden. Das ist inakzeptabel, und deswegen muss sie zurücktreten.“ Die Nazi-Größe Göring war von 1932 bis 1945 Reichstagspräsident.
Man muss Spahn und seinem Politik- und Geschichtsverständnis etwas auf die Sprünge helfen. Die Kritik an dem Angriff auf das Hospital kam nicht von Geistesverwandten Hermann Görings – etwa Neonazis oder dergleichen, sondern von einer jüdischen Organisation – eben der „Jewish Voice for Peace“, die sich für die Einhaltung des Völkerrechts und der Menschenrechte sowie für einen gerechten Frieden zwischen Israel und den Palästinensern einsetzt. Spahn setzt also die Vertreter dieser Organisation mit Nazis á la Hermann Göring gleich. Er unterscheidet also ganz offensichtlich zwischen guten und bösen Juden: Die Guten sind die in Israel zur Zeit herrschenden supernationalistischen und sich zum Teil offen zum Faschismus bekennenden, die auch für das Morden im Gazastreifen verantwortlich sind. Die Bösen sind die universalistisch gesinnten Juden, die Völkerrecht und Menschenrechte achten und Israels genozidales Vorgehen im Gazastreifen scharf kritisieren. (Dass in einer solchen Unterscheidung zwischen den „richtigen“ und „falschen“ Juden auch ein Prise Antisemitismus steckt, darf nicht unerwähnt bleiben.)
Dass Spahn eine in humaner Absicht von jüdischer Seite kommende Kritik und die Zustimmung zu ihr von Frau Özoguz mit einer Nazi-Äußerung im Stile Hermann Görings gleichsetzt, ist allein schon eine Ungeheuerlichkeit, die einen Aufschrei in den deutschen Medien hätte hervorrufen müssen. Aber nichts dergleichen. Der Skandal wird nicht bei ihm gesehen, sondern bei Frau Özoguz, die sich denn auch – vermutlich kräftig unter Druck gesetzt – gleich geflissentlich für ihr like entschuldigte, anstatt es offensiv zu verteidigen.
Jens Spahn scheint gar nicht zu wissen oder er will es nicht wissen, dass es auch unter Juden wie in anderen Volksgruppen erhebliche weltanschauliche und politische Differenzen gibt, dass zum Beispiel die ultraorthodoxen Juden Antizionisten sind und den Staat Israel sogar total ablehnen. Juden sind für ihn offenbar nur stramme Zionisten, die zur Zeit mit der „moralischsten Armee der Welt“ im Gazastreifen einen „Selbstverteidigungskrieg“ führen. Dass dieser Krieg inzwischen genozidale Züge trägt und zu einer neuen Nakba geworden ist, dürfen Leute wie Spahn offenbar nicht einmal denken. Auch die Zerstörung eines Krankenhauses ist so gesehen auch ein Akt der „Selbstverteidigung“ und nicht eine schlimme Verletzung des Völkerrechts.
Spahn kann seinen skandalösen Vergleich mit Hermann Göring und der Kritik der „Jewish Voice“ an Israels Vorgehen nur anstellen, weil er wie die ganze deutsche Mainstream-Politik nicht zwischen Judentum, Zionismus und Israel unterscheiden kann und darf – da ist die deutsche Staatsräson davor! Ihm sei ins Stammbuch geschrieben: Judentum ist eine kulturelle, sich aus der Religion herleitende Weltanschauung (es gibt auch atheistische Juden!); Zionismus ist die nationalistische Staatsideologie Israels; und Israel ist ein Staat, in dem auch 20 Prozent der Bewohner Palästinenser leben. Nimmt man die besetzten Gebiete hinzu, die Israel de facto längst annektiert hat, ist das Verhältnis zwischen Juden und Palästinensern sogar etwa 50:50. Es gilt also: Nicht alle Juden sind Zionisten, und Zionisten müssen auch nicht unbedingt Juden sein.
Was steht der so loyal zu Israel stehenden deutschen Politik bevor – mit Leuten wie Spahn vorneweg – , wenn der IGH in seinem zu erwartendem Urteil Israel wirklich Völkermord im Gazastreifen vorwirft. Nach Spahns Logik wäre das reiner Antisemitismus und ein Vergleich des IGH mit Freislers Volksgerichtshof läge dann nahe. Die deutsche Erinnerungs- und Nahostpolitik bewegt sich an einem gefährlichen Abgrund entlang. Die Entscheider haben das nur noch nicht begriffen.
Der Text den "„Jewish Voice for Peace“" zu dem Bild veröffentlichte:
jewishvoiceforpeace - 14. 10 2024
In der vergangenen Nacht hat die israelische Armee massive Zwei-Tonnen-Bomben aus amerikanischer Produktion auf das Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus im Norden des Gazastreifens abgeworfen und mehr als 30 Zelte in Brand gesetzt, in denen sich verletzte Zivilisten aufhielten. Echtzeitaufnahmen zeigten, wie Krankenhauspatienten, die noch an Infusionen hingen, bei lebendigem Leib in ihren Betten verbrannten, als das israelische Militär angriff und mindestens vier Menschen tötete und mehr als 70 verletzte.
Mohammad Tahir, ein freiwilliger Chirurg, der die Opfer in Deir el Balah behandelte, sagte, dass viele von ihnen Verbrennungen an 60 bis 80 Prozent ihres Körpers hatten. „Sie werden es nicht einmal auf die Intensivstation schaffen. Sie werden sterben.“
Dies geschah eine Woche, nachdem Netanyahu jegliche humanitäre Hilfe für den nördlichen Gazastreifen gestoppt hatte, um mehr als 400.000 Palästinenser dort auszuhungern.
Währenddessen heizen die USA den regionalen Krieg an, indem sie gestern ankündigten, dass die Biden-Administration ein hochentwickeltes Raketenabwehrsystem und 100 US-Soldaten nach Israel entsenden wird, was ihre Rolle bei der Unterstützung der Gewalt des israelischen Militärs weiter stärkt.
Die israelische Regierung und die in den USA ansässigen Organisationen, die sie unterstützen, versuchen, die moderne politische Ideologie des Zionismus mit der Jahrtausende alten Religion des Judentums gleichzusetzen. Wir kennen die Wahrheit: Die Handlungen des israelischen Militärs stehen im Widerspruch zu den jüdischen Werten. Beim Zionismus ging es nie um die Sicherheit der Juden, und die israelische Regierung hat den Zionismus benutzt, um 76 Jahre Landraub und Apartheid zu rechtfertigen. Jetzt sehen wir in Echtzeit, wie sich der Zionismus manifestiert: in der Ermordung ganzer palästinensischer Familien und in mehr als 75 Jahren Kolonisierung und Landraub.
Seit mehr als einem Jahr übt das israelische Militär völkermörderische Gewalt gegen die Palästinenser aus, und jetzt berichten Palästinenser in Gaza, dass die Gewalt ihren Höhepunkt erreicht hat. Die Menschen im Norden verabschieden sich, wohl wissend, dass dies ihre letzten Worte sein könnten, während das israelische Militär das Leben der Palästinenser auslöscht. Dies ist eine Nakba in Echtzeit.
Trotz der US-Gesetze, die Waffenlieferungen in Zeiten des Völkermords verbieten, und trotz der Forderung des UN-Menschenrechtsrats, den Waffenhandel zu stoppen, rüstet die Biden-Administration Israel weiter auf und ignoriert die Forderungen der Mehrheit der Amerikaner. Die US-Regierung macht sich mitschuldig und muss jetzt ein Waffenembargo verhängen. Quelle und der englische Originaltext |
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Kann man nun sagen, dass dieser Jens Spahn ein Mittäter ist?
Noch eine Erinnerung an das Geschehene:
Israelischer Angriff auf Krankenhaus-Zeltlager in Gaza tötet vier Menschen und löst Feuer aus
Bei einem israelischen Luftangriff auf einen Krankenhauskomplex im Zentrum von Gaza, in dem vertriebene Palästinenser Schutz vor den israelischen Angriffen auf das belagerte Gebiet suchten, sind mindestens vier Menschen getötet und Dutzende verletzt worden.
Der Angriff am frühen Montagmorgen traf den Komplex des Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhauses in Deir el-Balah und ließ Flammen durch ein überfülltes Zeltlager lodern.
Der israelische Militärsprecher Avichay Adraee sagte, die Luftwaffe habe ein „Kommando- und Kontrollzentrum“ angegriffen, das von der bewaffneten Palästinensergruppe Hamas genutzt werde.
Seit Beginn der Angriffe vor mehr als einem Jahr greifen die israelischen Streitkräfte regelmäßig medizinische Einrichtungen in Gaza an. In den vergangenen Monaten wurden wiederholt überfüllte Unterkünfte und Zeltlager angegriffen, weil sie angeblich von bewaffneten Gruppen genutzt werden.
„Wir wachten auf und sahen Rauch, Flammen, Feuer und brennende Teile, die aus allen Richtungen auf die Zelte fielen. Die Explosionen erschreckten uns in unseren Zelten und draußen, wo wir hinter dem Al-Aqsa-Krankenhaus leben“, berichtete Om Ahmad Radi, ein Überlebender vor Ort, gegenüber Al Jazeera.
„Die Feuerwehrfahrzeuge kamen hier nicht durch. Überall lagen so viele verbrannte und verkohlte Körper. Das Feuer und die Explosionen waren gewaltig. Wir haben eine der schrecklichsten und brutalsten Nächte erlebt“.
Ein Retter arbeitet am Ort eines israelischen Angriffs auf Zelte, in denen Vertriebene untergebracht sind, inmitten des Konflikts zwischen Israel und der Hamas in Deir Al-Balah im zentralen Gazastreifen am 14. Oktober 2024. REUTERS/Ramadan Abed
Ein Rettungssanitäter arbeitet am Ort eines israelischen Angriffs auf Zelte, in denen Vertriebene in einem Krankenhaus in Deir el-Balah im mittleren Gazastreifen untergebracht sind.
Der freiwillige Chirurg Mohammad Tahir sagte, sie hätten es mit Opfern zu tun, die Verbrennungen an 60 bis 80 Prozent ihres Körpers erlitten hätten - viele von ihnen würden nicht überleben.
„Patienten mit einem so hohen Verbrennungsgrad - ihr Schicksal ist leider besiegelt. Sie werden es nicht einmal auf die Intensivstation schaffen. Sie werden sterben“, sagte er Al Jazeera vor dem Krankenhaus.
„Es ist eine Horrorshow hier. Ehrlich gesagt habe ich manchmal das Gefühl, dass dies nicht das wirkliche Leben ist, dass es so weitergehen kann und dass dieses Ausmaß an Leid in dieser Welt erlaubt ist.“
Krankenhausunterlagen zeigen, dass vier Menschen getötet und 40 verletzt wurden, berichtete die Nachrichtenagentur The Associated Press. 25 Menschen wurden mit schweren Verbrennungen in das Nasser-Krankenhaus im Süden des Gazastreifens gebracht, wie das Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus mitteilte.
Das Medienbüro in Gaza berichtete, Israel habe das Gelände des Al-Aqsa-Krankenhauses zum siebten Mal in diesem Jahr und zum dritten Mal in den vergangenen Wochen angegriffen und dabei Palästinenser getötet, die gezwungen waren, aus ihren Häusern zu fliehen.
Hani Mahmoud von Al Jazeera berichtete aus Deir el-Balah, dass bei dem Angriff mehr als 20 Zelte zerstört wurden.
„Als sich das Feuer ausbreitete, waren viele Menschen in den Zelten, die nicht gerettet werden konnten„, sagte er. Wir rechnen mit einer großen Zahl [von Toten], da diese Zelte dicht an dicht und Rücken an Rücken auf engstem Raum im Innenhof des Krankenhauses stehen".
Letzte Woche veröffentlichte eine unabhängige internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen einen Bericht, in dem es heißt, dass Israel ‘eine konzertierte Politik zur Zerstörung des Gesundheitssystems im Gazastreifen“ verfolgt.
Der Angriff auf das Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus erfolgte, nachdem am späten Sonntagabend mindestens 22 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden waren, als israelische Panzer eine Schule in Nuseirat, ebenfalls im Zentrum von Gaza, beschossen, in der Vertriebene untergebracht waren.
Der israelische Angriff auf Gaza hat große Teile des Gebiets zerstört und etwa 90 Prozent der 2,3 Millionen Einwohner vertrieben, von denen viele mehrfach entwurzelt wurden.
Israelische Luft- und Bodentruppen belagern seit Tagen Jabalia im Norden des Gazastreifens, wo sich Hamas-Kämpfer neu formiert haben sollen. Im vergangenen Jahr waren israelische Truppen wiederholt in das Flüchtlingslager Jabalia eingedrungen, das auf den Krieg von 1948 zur Gründung Israels zurückgeht.
Der Angriff auf Dschabalia folgt dem israelischen Befehl, den Norden des Gazastreifens einschließlich der Stadt Gaza vollständig zu evakuieren. Schätzungsweise 400.000 Palästinenser halten sich noch im Norden auf. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit dem 1. Oktober keine Lebensmittel mehr in den Norden des Gazastreifens gelangt.
Angriffe
Das israelische Militär bestätigte, dass auch Krankenhäuser von den Evakuierungsbefehlen betroffen seien, fügte jedoch hinzu, dass es keinen Zeitplan gebe und man mit den lokalen Behörden zusammenarbeite, um den Transport der Patienten zu erleichtern.
Fares Abu Hamza, ein Beamter des Notfalldienstes des Gesundheitsministeriums im Gazastreifen, sagte der Nachrichtenagentur The Associated Press, die Leichen einer „großen Zahl von Märtyrern“ lägen im Norden auf den Straßen und unter Trümmern und würden nicht geborgen.
„Wir können sie nicht erreichen“, sagte er und fügte hinzu, dass Hunde einige der Überreste fressen würden.
Israel startete seine Offensive in Gaza, nachdem die Hamas am 7. Oktober einen Angriff auf Südisrael durchgeführt hatte, bei dem laut einer Zählung von Al Jazeera, die auf israelischen Statistiken basiert, mindestens 1.139 Menschen, hauptsächlich Zivilisten, getötet und etwa 250 weitere als Geiseln genommen wurden.
Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde wurden bei dem israelischen Angriff auf Gaza mehr als 42.200 Menschen, vor allem Frauen und Kinder, getötet und etwa 98.400 verletzt. Quelle

Um das Video zu sehen, auf das Bild klicken
Videos aus dem Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus zeigen, wie Rettungskräfte versuchen, Menschen zu retten und gleichzeitig einen Großbrand unter Kontrolle zu bringen.
Menschen reagieren auf den israelischen Angriff auf Zelte, in denen Vertriebene in Deir Al-Balah im mittleren Gazastreifen untergebracht sind.
Videolänge 10 Minuten 26 Sekunden - Veröffentlicht am 14 Oct 2024 - Quelle
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Unter israelischem Beschuss: Zentrale der UNRWA in Gaza-Stadt (12.7.2024)
Verbot von UNRWA steht bevor
Trotz aller Appelle bringt Knesset Gesetz gegen Palästina-Hilfswerk auf den Weg
Jörg Tiedjen - 29.10.2024
Das eigene Außenministerium soll vor einem solchen Schritt gewarnt haben. Schließlich riskiere Israel mit ihm seine UN-Mitgliedschaft, schrieb der Middle East Monitor (MEM). Dennoch sollten in der Knesset am Montag zwei Gesetze gegen das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) verabschiedet werden, die einem Verbot der Einrichtung in Israel und den palästinensischen Gebieten gleichkommen, obwohl Hunderttausende Menschen dringend auf seine Unterstützung angewiesen sind. Die Zustimmung, die bis Redaktionsschluss noch nicht erfolgt war, galt als sicher.
Am Sonntag hatte die Infoseite Ynet News berichtet, dass der US-Botschafter in Israel und andere US-Politiker versucht hätten, israelische Parlamentarier zu überreden, die Abstimmung bis nach den US-Präsidentschaftswahlen zu verschieben. Am Montag veröffentlichten die Außenamtschefs Australiens, Deutschlands, Frankreichs, Japans, Kanadas, Südkoreas und Großbritanniens einen Appell, in dem sie ihrer »ernsten Sorge« über das israelische Vorgehen Ausdruck verliehen.
Erst am Montag mittag gab der stellvertretende UN-Sprecher Farhan Haq den Tod eines UNRWA-Mitarbeiters in Gaza bekannt. Israelisches Militär habe sein Auto unter Feuer genommen, obwohl es deutlich als UN-Fahrzeug gekennzeichnet gewesen mehr >>>
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Ein Mann mit einer UNRWA-Weste reagiert auf Menschen, die eine der Leichen von UNRWA-Mitarbeitern tragen, die bei einem israelischen Angriff auf ihren Lastwagen am 23. Oktober getötet wurden
Sieben Verbündete Israels, darunter Großbritannien und Deutschland, verurteilen das geplante UNRWA-Verbot
Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Australien, Kanada, Japan und Südkorea warnen vor „verheerenden Folgen“ des Gesetzesvorschlags
MEE-Mitarbeiter - 28. Oktober 2024 - Übersetzt mit DeepL
Die Außenminister von sieben Verbündeten Israels haben eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie Israels Gesetzesvorschlag zum Verbot des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) verurteilen.
Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Australien, Kanada, Japan und Südkorea warnten davor, dass die Gesetzespläne „verheerende Folgen“ im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen haben könnten.
UNRWA ist die wichtigste Quelle für humanitäre Hilfe für Palästinenser in Palästina und den Nachbarländern, die palästinensische Flüchtlinge aufgenommen haben.
Die Gesetzesentwürfe, die am Montag im israelischen Parlament, der Knesset, diskutiert werden, würden es dem UNRWA verbieten, in Israel und im besetzten Palästina zu arbeiten.
Der Gesetzesentwurf würde es israelischen Beamten verbieten, Dienstleistungen zu erbringen oder mit UNRWA-Mitarbeitern zu verhandeln - und UNRWA gänzlich verbieten, in Gebieten unter israelischer Kontrolle zu arbeiten.
Die gemeinsame Erklärung warnte, dass „ohne die Arbeit [des UNRWA] die Bereitstellung dieser Hilfe und Dienstleistungen, einschließlich Bildung, Gesundheitsversorgung und Treibstoffverteilung im Gazastreifen und der Westbank, stark behindert, wenn nicht unmöglich wäre, mit verheerenden Folgen für die bereits kritische und sich rapide verschlechternde humanitäre Lage, insbesondere im Norden des Gazastreifens“.
Die Minister forderten Israel auf, den UN-Organisationen zu erlauben, ihre Arbeit in Gaza, im Westjordanland und anderswo fortzusetzen.
Die israelische Regierung steht dem UNRWA seit langem feindselig gegenüber. Ende Januar beschuldigte Israel 12 UNRWA-Mitarbeiter, an den von der Hamas angeführten Angriffen vom 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein und behauptete, sie hätten Munition verteilt und bei der Entführung von Zivilisten geholfen.
Eine im April veröffentlichte UN-Untersuchung fand keine Beweise für ein Fehlverhalten des UNRWA-Personals und stellte fest, dass Israel weder auf Anfragen nach Namen und Informationen reagiert noch die UNRWA seit 2011 über konkrete Bedenken in Bezug auf UNRWA-Personal informiert hat".
Die Außenminister stellten fest, dass die UNRWA "Schritte unternommen hat, um Vorwürfe der Unterstützung bewaffneter palästinensischer Gruppen durch einzelne Mitarbeiter zu untersuchen und ihre Bereitschaft gezeigt hat, die Reform interner Prozesse voranzutreiben und umzusetzen".
„Wir fordern das UNRWA auf, seinen Reformkurs als Priorität fortzusetzen, sein Engagement für den Grundsatz der Neutralität unter Beweis zu stellen und sicherzustellen, dass seine Aktivitäten weiterhin in vollem Einklang mit seinem Mandat stehen“, fügten sie hinzu.
Berichtete Lobbyarbeit
Am Montag beschuldigte ein israelischer Abgeordneter, der den Gesetzesentwurf unterstützt, die Vereinigten Staaten, Lobbyarbeit bei Oppositionspolitikern zu betreiben, um das Gesetz zu blockieren.
CNN berichtete, dass die Abgeordnete Yulia Malinovsky sagte, der US-Botschafter in Israel, Jacob Lew, habe mehrere Oppositionsführer, darunter Yair Lapid und Benny Gantz, kontaktiert, um sie zu drängen, sich dem Gesetz zu widersetzen.
Zuvor hatte der britische Nahostminister Hamish Falconer am Sonntag davor gewarnt, dass Israels Ruf als Demokratie „schwer beschädigt“ würde, sollte das Gesetz verabschiedet werden.
„Angesichts der entscheidenden Rolle der Agentur bei der Bereitstellung von Hilfsgütern und grundlegenden Dienstleistungen zu einer Zeit, in der mehr Hilfe in Gaza ankommen sollte“, sagte Falconer, “ist es zutiefst schädlich für den internationalen Ruf Israels als demokratisches Land, wenn seine Gesetzgeber Schritte unternehmen, die die Lieferung von Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten und Gesundheitsversorgung erschweren würden.“
Die Labour-Regierung hatte die Finanzierung von Unrwa im Juli wieder aufgenommen, nachdem die konservative Vorgängerregierung sie aufgrund der israelischen Vorwürfe eingestellt hatte.
Die Hilfsorganisation Oxfam sagte am Sonntag, dass das vorgeschlagene Gesetz dazu führen könnte, dass die UNRWA von Land vertrieben wird, das sie seit mehr als 70 Jahren besitzt, und dass ihre Immunität aufgehoben wird, was ihre Fähigkeit, Millionen von palästinensischen Flüchtlingen grundlegende Dienste wie Gesundheitsversorgung und Bildung zu bieten, erheblich einschränken würde.
Seit Beginn des israelischen Krieges gegen Gaza sind die Dienste der UNRWA stark beeinträchtigt. Mindestens 188 UNRWA-Einrichtungen, darunter Unterkünfte, Schulen und medizinische Einrichtungen, wurden von den israelischen Streitkräften angegriffen, was zum Tod von 539 Vertriebenen führte, die dort Zuflucht suchten. Quelle |

Knesset stimmt für Verbot: Israel verbannt Uno-Hilfswerk UNRWA
Auch Abgeordnete der israelischen Opposition befürworten gemeinsam mit der Regierung ein Verbot des Hilfswerks für die Palästina-Flüchtlinge.
Rewert Hoffer - 28.10.2024 - Übersetzt mit DeepL
Das Uno-Hilfswerk für die Palästina-Flüchtlinge UNRWA muss Israel verlassen. Das israelische Parlament hat am Montagabend mit grosser Mehrheit einem Gesetz zugestimmt, das dessen Aktivitäten in Israel verbietet. 92 Abgeordnete der Knesset stimmten für den Gesetzesvorschlag, zehn dagegen. Auch Abgeordnete der Opposition befürworteten gemeinsam mit der Regierung ein Verbot.
Israel wirft der Organisation vor, von Terroristen unterwandert zu sein, nachdem mehrere UNRWA-Mitarbeiter aus Gaza am Massaker des 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen. UNRWA hatte neun Mitarbeiter entlassen, weil es klare Indizien dafür gab, dass diese Angestellten am Terrorangriff teilgenommen hatten. «UNRWA ist gleich Hamas», sagte der Abgeordnete Boaz Bismuth von der rechtskonservativen Regierungspartei Likud, einer der Initiatoren des ersten Gesetzes, nach der Billigung.
Laut israelischen Medienberichten hat die israelische Regierung nun drei Monate Zeit, um festzulegen, wer statt des Palästinenserhilfswerk seine Aufgaben in Ostjerusalem, dem Westjordanland und dem Gazastreifen übernimmt. Die UNRWA betreibt dort Schulen, Spitäler und kümmert sich etwa auch um die Abfallbeseitigung. Im Gazastreifen ist sie für die Verteilung der humanitären Hilfsgüter zuständig.
Wütende Debatten im Parlament
Israels engste Partner in Europa und die amerikanische Regierung hatten daher dafür plädiert, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Zudem könnte es Konsequenzen für Israel in der Uno geben, etwa einen Verlust des Stimmrechts in der Generalversammlung.
Vor der Abstimmung kam es im Parlament zu wütenden Debatten. Ein arabischer Abgeordneter sprach von einem «faschistischen Gesetz». Ziel sei die fortwährende Unterdrückung des palästinensischen Volkes. Die Initiatoren reagierten mit lautem Geschrei, eine Abgeordnete musste mehr >>> |

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Krieg im Libanon: Raketen auf Zivilisten
24.10.2024 ∙ Monitor ∙ Das Erste
Täglich beschießt das israelische Militär den Libanon. Neben Waffenlagern der Hisbollah treffen die Raketen zahlreiche Wohnhäuser und töten Zivilisten.
MONITOR-Reporter:innen haben einen Fall genau untersucht. Bei einem Angriff Israels auf ein deutsch-libanesisches Begegnungszentrum starben sechs Menschen. Nimmt die israelische Armee keine Rücksicht auf Zivilisten? |

»Israelische Medien berichten nie über das Leben von Palästinensern – und wenn sie es tun, gelten sie als Verräter«
Auch neun Monate nach Beginn des Gaza-Krieges berichten israelische Medien immer noch kaum über die Lage in Gaza.
Haggai Matar, Geschäftsführer des +972 Magazins, spricht mit JACOBIN über die israelische Medienlandschaft – und welche Stimmung sie im Land produziert.
Bilder und Videos von verletzten oder getöteten Palästinenserinnen und Palästinensern gehen seit Monaten um die Welt. In den sozialen Medien zeigen palästinensische Journalistinnen und Journalisten ihren Alltag, sie berichten oft unter Lebensgefahr von Angriffen auf Krankenhäuser, Schulen und andere zivile Ziele. Kein anderer Krieg hat in den vergangenen Dekaden so viele Todesopfer unter den Medienschaffenden gefordert wie dieser. Reporter ohne Grenzen sprach schon im Juni von 129 getöteten Journalistinnen und Reportern. Andere Quellen gehen von noch höheren Zahlen aus.
Gleichzeitig wird die Berichterstattung vieler renommierter westlicher Medien zum Gaza-Krieg seit Monaten heftig kritisiert. Eine Analyse der US-amerikanischen Zeitschrift The Intercept erklärt etwa, Medien wie die New York Times würden emotionale Sprache eher für israelische Todesopfer verwenden als für palästinensische. Das betrifft Beschreibungen wie »Massaker« oder »entsetzlich«. In Deutschland sprach der Medienwissenschaftler Kai Hafez sogar davon, dass das Land einen ähnlichen »Reputationsverlust« erleide »wie die USA im Irak-Krieg«.
Noch einseitiger sei die Medienlandschaft innerhalb Israels, sagt Haggai Matar, Geschäftsführer des +972 Magazins. +972 hat in den vergangenen Monaten viele kritische Recherchen zu israelischen Kriegsführung in Gaza veröffentlicht. Dazu zählt etwa der Einsatz künstlicher Intelligenz seitens der Israeli Defence Forces (IDF). Im Interview mit JACOBIN erklärt Matar, warum israelische Medien kaum über die Lage Gaza berichten und welche Konsequenzen das auf die Stimmung im Land hat.
Welche Informationen erhält man von den israelischen Medien, wenn man sich über den Krieg in Gaza informieren möchte?
Sehr, sehr wenige. Wenn wir uns nur die hebräischsprachigen Medien ansehen, gibt es im Grunde nur Local Call. In den ersten Monaten des Krieges hat sogar Haaretz keine Berichte aus Gaza gebracht. Jetzt ist die Berichterstattung besser, aber sie stammt immer noch von Leuten, die außerhalb des Gazastreifens sind und mit Menschen vor Ort mehr >>> |

„Dahrak, Dahrak": Durch die zerstörten Straßen des kriegszerstörten Gazastreifens
Bashaer Muammar - 28. Oktober 2024 - Übersetzt mit DeepL
An einem Tag im September fuhren mein Mann und ich die Strandpromenade von Gaza entlang.
Zu meiner Linken erstreckte sich die Weite des Mittelmeers mit seinem unausgesprochenen Versprechen von Freiheit und Frieden.
Zu meiner Rechten lag eine vom Krieg zerrissene Stadt.
Mein Mann Amir und ich klammerten uns an die Seiten eines Eselskarrens, dem einzigen Transportmittel, das uns zur Verfügung stand, und versuchten, dem erstickenden Chaos zu entkommen.
Die Straße war ein Schlachtfeld für sich, voller Risse, Krater und verzweifelter Seelen. Der Lärm der Bomben hallte in der Ferne wider und erinnerte uns ständig daran, dass wir nirgendwo sicher waren.
Plötzlich rissen uns das scharfe Quietschen der Bremsen und das widerliche Knirschen von Metall auf Holz aus unseren Gedanken.
Ein Auto war in unseren Wagen gerast, und in diesem Bruchteil einer Sekunde rettete uns Amirs schnelles Denken das Leben. Er warf seine Beine über den Vorderteil des Wagens, um den Aufprall abzufangen, erlitt dabei aber Prellungen an den Beinen.
Kein Schutz
Der Krieg hat uns nur wenige Transportmittel gelassen. Und die, die wir haben, sind voller Gefahren. Eselskarren, die früher für den Transport von Waren benutzt wurden, sind heute weit verbreitet und werden von Menschen benutzt, die versuchen, von einem Ort zum anderen zu gelangen.
Diese Karren bieten keinerlei Schutz. Sie sind nach allen Seiten offen. Ich erinnere mich, wie wir durch die Al Attar Street in Al-Mawasi fuhren, wo die Menschenmenge so dicht war, dass wir uns nur Zentimeter für Zentimeter vorwärts bewegen konnten.
Die Fahrer riefen „Dahrak, Dahrak, dein Rücken“, um die Passanten zu warnen, vorsichtig zu sein, während sich die Karren durch die Menge schlängelten.
Die Straße war ein chaotisches Durcheinander aus Eselskarren, einigen Autos, Fahrrädern und sogar einem Lastwagen, der vertriebene Familien transportierte.
Überall lauerte Gefahr - nicht nur durch den Krieg, sondern auch durch die verzweifelten Maßnahmen, die wir ergreifen mussten, um zu überleben. Das Überqueren der Straße war zu einem lebensgefährlichen Unterfangen geworden.
Eselskarren stellen nicht nur ein logistisches, sondern auch ein gesundheitliches Risiko dar. Die oft vernachlässigten und unterernährten Esel ziehen Fliegenschwärme an, die die Luft verpesten und unhygienische Bedingungen schaffen.
Die Umgebung der Eselskarren ist verschmutzt und unhygienisch. Auf so engem Raum steigt das Risiko, sich mit einem Virus oder einer Infektion anzustecken, was in einer Gemeinschaft, die mit begrenzten Gesundheitsressourcen zu kämpfen hat, tödlich enden kann.
Die langen Fußmärsche
Die unerbittlichen Bombenangriffe haben nicht nur unsere Häuser zerstört, sondern auch die Straßen, die uns miteinander verbinden. Was früher eine 30-minütige Fahrt von meinem Zuhause in Khan Younis zu meinem Arbeitsplatz in Gaza-Stadt war, dauert jetzt Stunden, wenn es überhaupt möglich ist.
Allein für einen Kilometer braucht man 30 Minuten. Verstopfte Straßen und endlose Verspätungen machen das tägliche Pendeln unerträglich.
Die Straßen sind mit Kratern und Trümmern übersät, so dass ein sicheres und schnelles Vorankommen kaum möglich ist. Krankenwagen können sich nur mit Mühe durch die zerstörten Straßen bewegen, und jede Bodenwelle, jede Kurve schickt den Insassen eine neue Welle des Schmerzes.
Die Enge ist unerträglich. Weil so viele Menschen aus dem Norden geflohen sind, sind die Straßen im Süden verstopft mit Fahrzeugen - Lastwagen, Bussen und Karren -, alle bis über die Grenzen ihrer Belastbarkeit beladen.
Die Fahrer haben behelfsmäßige Karren an Autos angehängt, um mehr Passagiere transportieren zu können. Sogar die Lastwagen, die eigentlich für den Transport von Waren gedacht sind, sind nun mit Menschen und ihren Habseligkeiten gefüllt.
Der Geruch von verbranntem Maisöl - eine Alternative zu Treibstoff - erfüllt die Luft mit einem dichten, beißenden Gestank.
In einigen Gebieten gibt es keine Transportmöglichkeiten mehr. Die Straßen sind zu zerstört, der Treibstoff zu knapp. Die Menschen sind gezwungen, weite Strecken zu Fuß zurückzulegen, oft mit allem, was sie aus ihren Häusern retten konnten.
Ich bin stundenlang gelaufen, manchmal ohne klares Ziel, nur in der Hoffnung, einen sichereren Ort zu finden. Die Sonne brennt vom Himmel, Drohnen summen über unseren Köpfen, aber wir gehen weiter, denn an Aufhören ist nicht zu denken.
Zu Beginn des Krieges, kurz vor der ersten siebentägigen Waffenruhe im Gazastreifen, war ich in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens und arbeitete an einem Hilfsprojekt in den östlichen Gebieten. Es war ein Tag, der mein Durchhaltevermögen wie kein anderer auf die Probe stellte.
Ich musste von Khan Younis nach Deir Al-Balah reisen - eine Strecke, die ich nicht genau messen kann, die meine Füße aber nie vergessen werden. Da die Transportmöglichkeiten stark eingeschränkt waren, war ich gezwungen, stundenlang durch die vom Krieg gezeichnete Landschaft zu laufen.
Die Straßen waren mit Trümmern übersät und über unseren Köpfen schwebte ständig die Gefahr von Luftangriffen. Jeder Schritt fiel mir schwer, nicht nur wegen der Erschöpfung, sondern auch wegen des Ernstes der Lage. Am Ende des Tages waren meine Füße wund und schmerzten.
Die Verwundbaren
Der Krieg hatte katastrophale Auswirkungen auf die Schwächsten in Gaza, vor allem auf diejenigen, die bereits mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatten.
Salama Qaddoum, 75, aus Shujaiya im Norden, leidet an Nierenversagen.
Ihre Enkelin Afnan berichtete von einem besonders erschütternden Erlebnis:
„An einem regnerischen Tag waren mein Vater und mein Großvater auf dem Weg von Hamad City, wo wir vertrieben worden waren, zum Nasser-Krankenhaus, um sich einer Dialyse zu unterziehen.“
Mitten auf der Straße sei ihr Eselskarren zusammengebrochen, berichtete Afnan The Electronic Intifada. Salama brach sich bei dem Sturz die Beine.
„Vor dem Krieg konnte er mit einem Krankenwagen transportiert werden“, sagte Afnan. “Aber jetzt ist es unmöglich, einen zu finden. Die ständigen Vertreibungsbefehle zwangen meinen Großvater zu langen, beschwerlichen Reisen auf Eselskarren, die seinen ohnehin schon angeschlagenen Gesundheitszustand weiter verschlechterten.“
Die Erinnerung an den 19. Juli ist für mich unauslöschlich. Israel bombardierte unser Haus, tötete meinen Bruder und seinen Sohn und verletzte mich. Ich wurde in einem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht, der sich durch die zerstörten Straßen quälte.
Jeder Stoß schickte eine neue Welle von Schmerzen durch meinen Körper. Als ich entlassen wurde, musste ich mich trotz meiner Verletzungen auf einen Eselskarren verlassen, um nach Hause zu kommen.
Die Schmerzen waren unerträglich, aber es gab keine andere Möglichkeit. Einmal, als meine Beine gerade zu heilen begannen, kollidierte ein rasendes Fahrrad mit dem Karren, auf dem ich saß, und warf mich fast um. Die Straßen sind so überfüllt, dass es unmöglich ist, diesen Unfällen auszuweichen.
In einem Land, in dem jeder Sonnenaufgang die Gefahr der Zerstörung mit sich bringt, ist Bewegung zu einem Akt der Herausforderung geworden. Die Straßen von Gaza, einst voller Leben, haben sich in tückische Pfade verwandelt, in denen das Echo des Krieges widerhallt.
Unsere einfachste Reise fühlt sich jetzt wie eine gefährliche Expedition an, bei der die Straßen selbst sich gegen uns verschworen zu haben scheinen. Es ist eine Geschichte vom Überleben, vom Navigieren in einer belagerten Stadt, in der die einzige Gewissheit die Ungewissheit ist und jeder Schritt von Gefahr überschattet wird. Quelle |

Flüchtlingshilfe: Israel verbietet UNRWA-Aktivitäten
Trotz Warnungen von UN-Generalsekretär Antonio Guterres: Israel hat die Zusammenarbeit mit dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) verboten. Mit drastischen Folgen.
Tania Krämer - 28. 10. 2024
Das israelische Parlament hat zwei Gesetze verabschiedet, die staatlichen israelischen Behörden jeglichen Kontakt zur UNRWA, dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten, verbieten. Außerdem muss das UNRWA seine Arbeit in Israel im kommenden Jahr einstellen. Dies soll binnen 90 Tagen nach Veröffentlichung des Gesetzes geschehen.
Das Abkommen zwischen Israel und dem Hilfswerk von 1967, das die Tätigkeit und den Austausch der Organisation mit den Regierungsbehörden erleichtert hatte, wird damit aufgehoben.
Der Grund: Israel wirft Mitgliedern des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten vor, zu den Drahtziehern des Hamas-Terroranschlags vom 7. Oktober 2023 gehören.
Politik der Kontaktsperre
Eine Folge der Reform wird voraussichtlich die Schließung des UNRWA-Hauptquartiers im annektierten Ost-Jerusalem sein. Das Büro diente bisher als Management- und Verwaltungszentrum für alle Aktivitäten in den palästinensischen Gebieten. Israelischen Medienberichten zufolge sollen die Räumlichkeiten in Wohnraum umgewandelt werden.
Die Politik der Kontaktsperre könnte bedeuten, dass Israel den internationalen und lokalen UNRWA-Mitarbeitern keine Arbeits- und Einreisegenehmigungen mehr erteilt und keine Koordination mit dem israelischen Militär zulässt.
Gerade diese Absprachen sind aber unter anderem für die Lieferung von Hilfsgütern über die Grenzübergänge nach Gaza, die derzeit vollständig von Israel kontrolliert werden, unerlässlich. mehr >>> |

Vertriebene Palästinenser, die von der israelischen Armee aufgefordert wurden, den nördlichen Gazastreifen zu verlassen, fliehen während des israelischen Militärangriffs am 25. Oktober 2024.
Israels 388. Tag des Völkermords:
Anhaltende israelische Angriffe zerstören den Norden des Gazastreifens und legen das Kamal-Adwan-Krankenhaus lahm
Das letzte funktionierende Krankenhaus im Norden des Gazastreifens muss seinen Betrieb einstellen, da die israelischen Streitkräfte Jabalia und Beit Lahia weiterhin belagern und bombardieren. Im Südlibanon erleiden die israelischen Streitkräfte weiterhin schwere Verluste.
Qassam Muaddi - 28. Oktober 2024 - Übersetzt mit DeepL
Todesopfer
43.020+ Tote* und mindestens
101.110 Verletzte im Gazastreifen, davon
59% Frauen, Kinder und ältere Menschen, Stand 21. Oktober 2024*.
763+ Palästinenser wurden im besetzten Westjordanland einschließlich Ostjerusalem getötet. Darunter mindestens
146 Kinder.
2.672 Libanesen wurden seit dem 8. Oktober 2023 von israelischen Streitkräften getötet und mehr als
12.468 verletzt.***. (...)
** Die Zahl der Todesopfer im Westjordanland und in Jerusalem wird nicht regelmäßig aktualisiert. Dies ist die letzte Zahl des palästinensischen Gesundheitsministeriums vom 27. Oktober 2024.
*** Diese Zahl wurde vom libanesischen Gesundheitsministerium veröffentlicht und am 28. Oktober 2024 aktualisiert. Die Zählung basiert auf dem offiziellen libanesischen Datum für den Beginn der „israelischen Aggression gegen den Libanon“, als Israel nach dem Beginn der „Unterstützungsfront“ der Hisbollah für Gaza mit Luftangriffen auf libanesisches Gebiet begann. (...) |
Wichtige Entwicklungen
Gaza
Die israelische Armee zwingt das Kamal-Adwan-Krankenhaus zur Schließung, nachdem sie das medizinische Personal und vertriebene Palästinenser zum Verlassen des Krankenhauses gezwungen hat.
Die israelischen Streitkräfte verhaften Dutzende Palästinenser, darunter auch medizinisches Personal des Kamal-Adwan-Krankenhauses.
Israelische Streitkräfte belagern die Krankenhäuser al-Awda und Indonesian im Norden des Gazastreifens.
Israelische Streitkräfte töten 35 palästinensische Zivilisten bei der Bombardierung eines Wohnblocks in Beit Lahia und 20 weitere bei der Bombardierung einer Schule, in der Zivilisten Zuflucht gesucht hatten, im Stadtteil Fakhoura in Jabalia im Norden von Gaza.
Israel tötet 11 palästinensische Zivilisten, darunter drei Journalisten, bei der Bombardierung der Asmaa-Schule, in der Zivilisten aus dem Flüchtlingslager Shati westlich von Gaza-Stadt Zuflucht gesucht hatten.
Nach Angaben des Medienbüros der Regierung in Gaza ist die Zahl der Journalisten, die seit Oktober letzten Jahres von israelischen Streitkräften in Gaza getötet wurden, auf 180 gestiegen.
Israel bombardiert die Stadtteile Sabra und Zeitoun in Gaza-Stadt.
Israel bombardiert den Norden von Rafah und Deir al-Balah und tötet seit Sonntag vier Palästinenser.
Israel hat seit Sonntag achtmal den Südbezirk von Beirut bombardiert.
Der palästinensische Zivilschutz behauptet, dass Israel die internationalen Polio-Impfungen sabotiert, indem es Impfteams daran hindert, den Norden von Gaza zu erreichen.
Iran
Israel reagiert mit Luftangriffen auf den Iran, der am 1. Oktober Raketen als Vergeltung für die Ermordung des Hamas-Führers Ismail Haniyeh im Juli in Teheran und des Hisbollah-Generalsekretärs Hasan Nasrallah Ende September in Beirut abgefeuert hat.
Die iranischen Revolutionsgarden geben an, dass die iranische Luftabwehr einen Teil des israelischen Angriffs auf den Iran abgewehrt habe; die iranische Nachrichtenagentur Tasneem meldet, dass keine Ziele der Revolutionsgarden von dem israelischen Angriff getroffen worden seien.
Der Iran bestreitet die israelischen Behauptungen, dass 100 Kampfflugzeuge an dem Angriff beteiligt waren und 20 Ziele getroffen wurden, und betrachtet die israelischen Behauptungen als Versuch, das tatsächliche Ausmaß des Angriffs zu übertreiben.
Der Oberste Führer des Iran, Ali Khamenei, erklärt, dass die zuständigen Behörden des Landes über die angemessene Reaktion auf den israelischen Angriff entscheiden werden.
Der israelische Oppositionsführer Yair Lapid sagt, es sei „falsch“ gewesen, dass Israel strategische und wirtschaftliche Ziele im Iran nicht angegriffen habe.
Die Likud-Knessetabgeordnete Tali Gottlieb hat die Entscheidung Israels, Öl- und Atomanlagen im Iran nicht anzugreifen, als „Fehler“ bezeichnet.
Der israelische Oppositionsführer Avigdor Liberman sagt, Israel habe „eine Gelegenheit verpasst“, die nuklearen Kapazitäten des Iran zu schwächen.
Libanon
Israel bombardiert die libanesischen Städte Zibqin, Burgholiyeh, Qleileh, Byut al-Sayad, Jabal Blat, Jebal al-Butm, Ramadiyeh, Sheitiyeh, Kufr Kila, Deir Sirian und Kufr Tebnit sowie die Städte Nabatieh und Tyre im Südlibanon, die Städte Suhmor, Halaniyeh, Taria, Mashghara, Asireh und Shimstar sowie das Bekaa-Tal.
Seit Sonntag hat Israel bei mehreren Luftangriffen auf Tyre mindestens 25 Libanesen getötet.
Am Montag feuert die Hisbollah fünf Raketen auf Haifa ab.
Die Hisbollah fordert die Israelis auf, 25 Städte in Galiläa und auf den besetzten syrischen Golanhöhen zu evakuieren.
Der israelische Sender Channel 12 berichtet, dass am Sonntag 15 Raketen auf Kiryat Shmona in Obergaliläa abgefeuert wurden.
Die israelische Armee gibt zu, dass seit Sonntag zwei ihrer Offiziere und drei Soldaten bei Kämpfen im Südlibanon getötet wurden, womit sich die Zahl der israelischen Opfer im Libanon innerhalb von zwei Tagen auf 15 Tote und mehr als 80 Verwundete erhöht.
Ein Drohnenangriff der Hisbollah trifft eine israelische Militärfabrik bei Akka.
Der israelische Kriegsminister Yoav Gallant erklärt, dass Israel „schmerzhafte Kompromisse“ eingehen müsse und dass „nicht alle Ziele mit militärischen Mitteln erreicht werden können“.
Der Chef des Mossad trifft sich in Doha mit dem CIA-Direktor und dem Außenminister von Katar, um über die Wiederaufnahme der Waffenstillstandsverhandlungen im Gazastreifen und im Libanon zu sprechen.
Bei einem LKW-Anschlag auf einen Busbahnhof in Glilot nördlich von Tel Aviv werden fünf Israelis getötet und 39 verletzt. Israelische Streitkräfte erschießen den für den Angriff verantwortlichen LKW-Fahrer Rami Nasrallah (49) aus der Stadt Qalansuwa.
Westjordanland
Israelische Streitkräfte töten den 29-jährigen Palästinenser Islam Odeh in Tulkarem nach einem kurzen Feuergefecht vor einem belagerten Haus in Tulkarem.
Israelische Siedler greifen palästinensische Bauern während der Olivenernte an und zwingen sie, ihre Ernte in den Dörfern Keisan und Harmala bei Bethlehem, im Dorf Kufr Malik bei Ramallah und im Dorf Kufr al-Deek bei Salfit zurückzulassen.
Israelische Siedler setzen bei einem Angriff auf palästinensische Bauern während der Olivenernte im Dorf Qabalan bei Nablus Fahrzeuge in Brand und eröffnen das Feuer auf palästinensische Bauern bei der Olivenernte im Dorf Qusra bei Nablus.
Israel zwingt Kamal-Adwan-Krankenhaus zur Schließung
Das letzte noch funktionierende Krankenhaus im Norden des Gazastreifens hat offiziell seinen Betrieb eingestellt, nachdem israelische Streitkräfte es am Wochenende angegriffen, bis auf zwei alle medizinischen Mitarbeiter festgenommen und Teile des Krankenhausgeländes beschädigt haben.
Am Samstag begannen die israelischen Streitkräfte mit der Durchsuchung des Krankenhauses und forderten Patienten und medizinisches Personal auf, die Flügel zu verlassen und sich in den Innenhof zu begeben. Israelische Soldaten trennten dann Männer und Frauen und verhafteten Dutzende Palästinenser, darunter das gesamte Krankenhauspersonal mit Ausnahme einer Krankenschwester und des Krankenhausdirektors Dr. Husam Abu Safiyeh.
Am Freitag zuvor hatten die israelischen Streitkräfte das Feuer auf das Krankenhausgebäude eröffnet, Fenster zertrümmert und die oberen Stockwerke beschossen, wobei mehrere Palästinenser verletzt und getötet wurden. Quelle
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Menschen, die ihre Habseligkeiten tragen, gehen eine Straße entlang, die mit Trümmern übersät ist.
Flucht aus Dschabalija
Asil Almanssi - 28. Oktober 2024 - Übersetzt mit DeepL
Menschen, die von der israelischen Armee angewiesen wurden, den nördlichen Teil des Gazastreifens zu verlassen, tragen ihre Habseligkeiten, während sie vor der erneuten israelischen Invasion in Jabaliya im nördlichen Gazastreifen am 25. Oktober
Am Nachmittag des 5. Oktober begannen israelische Luftangriffe auf das Gebiet al-Faluja in Dschabalija im nördlichen Gazastreifen, wo ich lebte.
Zuerst dachten wir, es seien „normale“ Angriffe, die bald aufhören würden. Aber als die Nacht hereinbrach, wurde das Bombardement immer heftiger und machte unsere Erwartungen zunichte. Der Himmel war voll von Kampfflugzeugen und Drohnen.
Um Mitternacht klopfte es an unserer Haustür. Es war mein Cousin Karam mit seiner Familie, die ihr Haus verlassen mussten, weil eine Rakete das Dach getroffen hatte. Sie sind dem vermeintlich sicheren Tod entkommen und haben bei uns Zuflucht gesucht.
Es war eine schreckliche Nacht. Wir mussten uns von allen Fenstern fernhalten, weil überall Granatsplitter und Kugeln herumflogen. Wir blieben alle in einem Raum, hielten zusammen und beteten um Sicherheit.
Am nächsten Tag sahen wir, wie viele Menschen nach Gaza-Stadt evakuiert wurden. Wir trafen gemeinsam die Entscheidung zu bleiben - obwohl Karams Familie beschloss, zu Verwandten nach Gaza-Stadt zu gehen. Für den Rest von uns, einschließlich Karam, schien es zu früh, um nach Israel zurückzukehren und unser Zuhause zu verlassen. Wir hofften immer noch, dass es nur vorübergehend sein würde, eine dunkle Wolke, die sich verziehen würde.
Doch am nächsten Tag, dem 7. Oktober, errichtete das israelische Militär am Kreisverkehr von Abu Sharakh, nur 100 Meter von unserem Haus entfernt, Barrieren, um die Menschen daran zu hindern, das Gebiet zu verlassen. Einige Bewohner versuchten es trotzdem.
Aus Neugier wagte ich mich kurz nach draußen, sah die großen Barrikaden, die die Straßen blockierten, und hörte mehrere Schüsse aus Quadcoptern. Aus der Ferne sah ich mehrere Leichen auf der Straße liegen, denn niemand konnte sie erreichen, nicht einmal Krankenwagen.
Überfüllt und gefangen
In unserem Haus waren wir 25 Personen, einschließlich meiner Familie und unserer vertriebenen Verwandten. Zu diesem Zeitpunkt wagte niemand von uns einen Schritt nach draußen.
Um etwas zu essen zu haben, machten wir drinnen ein Feuer, um Brot zu backen und Mahlzeiten zuzubereiten. Bei jedem Raketenangriff, bei jedem Schuss schrien die Kinder. Das Haus war voller Spannung und Angst. Lange Diskussionen folgten, ob wir gehen sollten. Aber wohin sollten wir gehen? Die Straße nach Westen, nach Gaza-Stadt, war völlig blockiert und der Weg nach Osten war gefährlich.
Ganz Dschabalija war zum Schlachtfeld geworden.
In der Nacht des 9. Oktober regneten Apache-Hubschrauber und Quadrocopter Kugeln auf die Dächer. Dabei wurden die Wassertanks auf den Dächern der Häuser zerstört, die die Bewohner in mühevoller Arbeit und langen Fußmärschen gefüllt hatten.
Die ganze Nacht hörten wir Schüsse, gemischt mit dem Geräusch von Wasser, das die Straßen und Häuser überflutete. Wir wussten, dass wir am Morgen kein Wasser mehr haben würden. Aber wir konnten nichts tun.
Niemand schlief. Wir saßen zitternd da und bereiteten uns auf die nächste Rakete vor.
Als der Tag anbrach, begann wieder die Diskussion, ob wir das Gebiet verlassen sollten. Einige argumentierten, dass die Flucht unsere beste Chance sei, während andere meinten, dass wir uns damit nur Gefahren aussetzten und das Ziel verfolgten, uns gewaltsam aus unseren Häusern zu vertreiben.
Aber um fünf Uhr nachmittags erfuhren wir, dass die meisten Häuser in unserer Gegend in der Nacht zuvor angegriffen worden waren. Wir hatten es nicht früher erfahren, weil die meisten Menschen zu verängstigt waren, um ihre Häuser zu verlassen, und es kein Mobilfunksignal gab.
Als wir sahen, dass die meisten unserer Nachbarn unterwegs waren, trafen wir schließlich die schwere Entscheidung zu gehen.
Abschied
Schweren Herzens trennten wir uns von meinen Tanten und anderen Verwandten, die bei uns Zuflucht gefunden hatten. Wir teilten uns in kleinere Gruppen auf, um bei Verwandten Unterschlupf zu finden. Es gab keinen Ort mehr, der groß genug war, um uns alle aufzunehmen. Tränen standen uns in den Augen, als wir uns nach einem Jahr oder länger gemeinsam auf der Flucht trennten, mit Ausnahme meines Cousins, der als Letzter zu uns stieß.
Wir - meine Eltern, meine beiden jüngeren Schwestern Sama und Hala, mein Bruder Osama und Karam - machten uns auf den Weg nach Tel al-Zaatar, während unsere Verwandten nach Beit Lahiya gingen. Neun Nächte blieben wir im Haus meines Großonkels und ertrugen die ständigen Bombardierungen. Die Intensität der Angriffe ließ den Boden unter unseren Füßen erzittern.
Es war schrecklich.
Mein Cousin hoffte, seine Familie in Gaza-Stadt wiederzusehen, aber die Zeit arbeitete gegen ihn. Über Nacht wurden Checkpoints errichtet und die Straße gesperrt, also blieb er bei uns.
Bei uns war auch unser geliebter Kater Falfoul, der uns seit den ersten Tagen des Krieges auf jeder Etappe unserer Reise begleitet hatte. Falfoul hatte einen besonderen Platz im Herzen meines Vaters, vielleicht mehr als wir anderen.
Der Morgen des 18. Oktober verlief so normal wie jeder andere Tag während des Völkermords. Wir standen auf, backten Brot, bereiteten das Frühstück zu und verrichteten gemeinsam das Freitagsgebet.
Nach dem Mittagessen gingen wir unseren gewohnten Tätigkeiten nach: Sama und ich gingen in die Küche, um das Geschirr zu spülen. Falfoul blieb bei mir. Ich streichelte ihm über Kopf und Nacken, und er schmiegte sich an mich, als wäre es ein Abschied. Hala ging sich waschen. Osama und Karam legten sich hin und meine Eltern gingen ins Wohnzimmer.
Um 14 Uhr wurde plötzlich alles schwarz. Ich konnte nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen. Um mich herum war nur dichte Schwärze. Sand und Staub vernebelten meine Sicht. Ich konnte kaum etwas erkennen. Ich hatte den schrecklichen Gedanken, dass ich der einzige Überlebende war, denn ich konnte niemanden hören.
Verwüstung
Langsam kehrten die Geräusche zurück. Ich spürte Geröll unter meinen Füßen. Ich stolperte vorwärts, bis ich die Stimme meiner Mutter hörte. Osama rezitierte die Schahada: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Gott gibt und dass Mohammed sein Prophet ist.“
Wir alle sprachen ihm nach und spürten, dass der Tod vor der Tür stand.
Langsam lichtete sich die Dunkelheit und wir sahen die Verwüstung um uns herum. Mein Vater lag bewusstlos im Wohnzimmer. Wir schrien. Meine Mutter untersuchte ihn und befürchtete das Schlimmste, doch plötzlich öffnete er die Augen und versicherte uns, dass es ihm gut gehe.
Aber er war verletzt. Sein rechtes Bein war aufgerissen, blutete stark und der Knochen lag frei. Wir riefen um Hilfe und unsere Nachbarn eilten herbei, um ihn auf einem Teppich aus dem Wohnzimmer zur Tür zu tragen, wo der Krankenwagen auf ihn wartete.
Osama und Karam trugen ihn nach draußen, beide barfuß, über Schutt, zerbrochene Möbel, Glas und Granatsplitter. Meine Mutter folgte ihnen, schockiert und barfuß. Meine Schwestern und ich blieben zurück und überlegten, was wir tun sollten.
Wir wussten, dass wir gehen mussten, also packten wir die Überreste unserer Habe zusammen und machten uns auf die Suche nach Falfoul. Von dem Moment an, als die Bombe fiel, suchte ich nach Falfoul. Wir konnten ihn nicht finden. Mit unseren Koffern verließen wir weinend das zerstörte Haus, in Sorge um unseren verwundeten Vater und in Trauer um seine Katze.
Falfoul, sein treuer Begleiter, wartete an der Tür auf meinen Vater, auch wenn er sich verspätete, und wollte immer an seiner Seite schlafen. Falfoul sprang sogar auf meinen Vater, wenn er mit seinen Lieblingsleckereien nach Hause kam, und ließ sich nur von ihm baden.
Als wir auf die Straße gingen, sah die Gegend aus wie eine Geisterstadt. Große Teile waren in Schutt und Asche gelegt worden. Überall lagen Trümmer. Wir merkten, dass wir zu den Glücklichen gehörten. Die meisten Häuser in der Gegend sahen aus, als wären sie direkt getroffen worden. Unser Haus war nicht das Ziel gewesen, sondern in die allgemeine Zerstörung mit hineingezogen worden, die den Wohnblock um uns herum dem Erdboden gleichgemacht hatte.
Auch unsere Verletzungen waren im Vergleich zu der Tragödie, die sich um uns herum abspielte, gering. Wir hatten ein paar kleine Schnittwunden an Armen und Füßen. Wir liefen ziellos durch die Straßen und wussten nicht, wohin. Passanten blieben stehen und starrten uns an.
„Was ist passiert?“, fragten sie. “Wo kommt ihr her? Stimmt es, dass ihr dem Tod entkommen seid?“
Wieder vertrieben
Schließlich erreichten wir das Haus meiner Tante in der Gegend von Beit Lahiya, wohin auch sie und ihre Familie vertrieben worden waren.
Als sie uns sahen, stand ihnen die Erschütterung ins Gesicht geschrieben. Wir fingen alle an zu weinen, zu überwältigt, um etwas zu erklären. Ich ging ins Bad, um mir das Gesicht zu waschen, und bemerkte, dass es voller Asche, Staub und Blutspuren von kleinen Kratzern war.
Ich spritzte mir Wasser ins Gesicht und hoffte, aus diesem Albtraum zu erwachen. Aber ich musste mich für meine Schwestern zusammenreißen, denn ich war die Älteste, und unsere Eltern waren nicht da.
Zwei Stunden nach dem Angriff gingen wir zurück, um Falfoul zu suchen. Mein Vater hatte im Bett im Al-Awda-Krankenhaus seinen Namen gemurmelt. Wir suchten überall und drehten alles um, was wir noch nicht gesehen hatten. Wir trösteten uns damit, dass Falfoul noch leben musste, denn wir hatten seine Leiche nicht gefunden. Wahrscheinlich hatte er sich vor lauter Angst versteckt.
An diesem Abend kam meine Mutter zu uns und erklärte uns, dass das Krankenhaus ihr nicht erlaubt hatte, bei meinem Vater zu übernachten. Sie sagten ihr, sie solle am frühen Morgen wiederkommen, obwohl er wollte, dass sie bleibt. Hilflos musste sie ihn verlassen.
Aber auch hier war das Glück nicht auf unserer Seite. Nur eine Stunde, nachdem meine Mutter das Krankenhaus verlassen hatte, wurde es umstellt und alle saßen in der Falle. Mein Bruder und mein Cousin, die bei meinem Vater waren, wurden nun mit ihm belagert, so dass wir auf uns allein gestellt waren.
Die Verletzung meines Vaters war nicht kritisch, aber er musste operiert werden und brauchte einen Orthopäden. Aber da das Krankenhaus belagert war, konnten die Ärzte nicht hinein. Das Netzsignal war schwach und die Kommunikation mit ihnen schwierig.
Das, was wir hörten, war nicht gut.
Der Zustand meines Vaters verschlechterte sich: Er bekam Fieber, hohen Blutdruck und Übelkeit, und seine Wunde und sein Knochen entzündeten sich. Das gesamte medizinische Team im Krankenhaus konnte nur den Verband wechseln. Die Vorräte und Mittel waren begrenzt.
Wir hoffen nun, dass die Weltgesundheitsorganisation die Verlegung von Patienten nach Gaza-Stadt organisieren kann, aber bisher hat es noch niemand ins Krankenhaus geschafft. Am 26. Oktober wurde Mohammad Obaid, der Arzt, der meinen Vater hätte operieren sollen, vom israelischen Militär aus dem Kamal Adwan Krankenhaus in Beit Lahiya abgeführt.
Und noch einmal
Wir waren noch wach, als der Morgen des 23. Oktober anbrach, gepeinigt vom unerbittlichen Lärm der Bomben und Schüsse, die direkt über uns einzuschlagen schienen. Dann riefen Drohnen über Lautsprecher alle auf, ihre Häuser im Norden von Gaza zu verlassen und sich zur Salah al-Din Straße zu begeben, der wichtigsten Nord-Süd-Durchgangsstraße in Gaza.
Die Menschen um uns herum waren schon auf dem Weg, aber wir waren hin- und hergerissen. Wie konnten wir meinen Vater, meinen Bruder und meinen Cousin im Stich lassen, die immer noch im Krankenhaus festsaßen?
Aber hier zu bleiben bedeutete, uns einer ständigen Gefahr auszusetzen. Wir hatten keine andere Wahl als zu gehen.
Mit unseren Taschen in der Hand schlossen wir uns den Menschenströmen an, die in Richtung Salah al-Din Straße zogen. Bevor wir aufbrachen, konnten wir meinen Vater telefonisch erreichen, um ihn zu beruhigen und ihm zu sagen, dass wir wieder auf dem Weg waren.
Er sprach uns Mut zu, obwohl seine Stimme brüchig wurde, als er zu weinen begann. Er bat uns eindringlich, uns nicht in Gefahr zu bringen. Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Weg.
In glühender Hitze verließen wir Beit Lahiya in Winterkleidung, um so viel wie möglich mitzunehmen, da wir nur eine begrenzte Anzahl von Taschen mitnehmen konnten. Das meiste mussten wir zurücklassen, da wir wussten, dass es eine lange Reise werden würde.
Als wir uns dem indonesischen Krankenhaus in Beit Lahiya näherten, sahen wir Panzer, die die Straße blockierten, und aus ihren Lautsprechern hörten wir die Anweisung: "Geht nach rechts! Wir folgten der Anweisung, aber als wir näher kamen, sah ich mehr als zehn Panzer, die uns umzingelten. Sie begannen, junge Männer - sogar Jungen - aus der Menge zu ziehen und sie von ihren Familien zu trennen.
Einige Kinder versuchten, sich zwischen den Frauen zu verstecken, aber die Soldaten fanden sie, einen nach dem anderen. Ich sah, wie Mütter flüsterten: „Geht, habt keine Angst“, obwohl die Gesichter ihrer Kinder vor Angst verzerrt waren.
Wir liefen, bis die Menschen vor Erschöpfung ihre Taschen fallen ließen und ihre Habseligkeiten auf der Straße verstreut lagen. Jedes Mal, wenn wir eine Pause einlegen wollten, ließen die Soldaten ihre Motoren aufheulen, wirbelten Staub auf und trieben uns mit höhnischem Grinsen weiter. Uns blieb nichts anderes übrig, als trotz wachsender Verzweiflung weiterzufahren.
Unterwegs begegneten wir einer älteren Frau, die aus ihrem Rollstuhl gefallen war. Ihre Töchter konnten sie nicht hochheben und mussten sie zurücklassen. Eine Mutter hatte ihre kleine Tochter auf der unebenen Sandstraße verloren und ging in ihrer Trauer weiter, ohne sich umzusehen.
Als wir den Kreisverkehr von Zamo südöstlich des Flüchtlingslagers Jabaliya erreichten, war unsere Hoffnung geschwunden. Erschöpft hatten wir das Gefühl, dass der Tod dieser Demütigung vorzuziehen gewesen wäre. Meine Mutter ließ ihre Taschen fallen, brach auf dem Boden zusammen und sagte: „Ich kann nicht mehr. Lasst mich hier sterben.
Aber nach ein paar Minuten stand sie wieder auf, nahm ihre Taschen und ging weiter. Am Kreisverkehr von Qerem fanden wir schließlich ein kaputtes Auto, das uns zum Haus eines Verwandten brachte.
Nachtrag
Mein Vater, Osama und Karam werden immer noch im Al-Awda-Krankenhaus in Jabalija festgehalten. Die Wunde meines Vaters ist wieder aufgebrochen und er muss dringend operiert werden.
Wir haben auch erfahren, dass unser geliebter Falfoul immer noch in dem Haus ist, in dem wir bombardiert wurden, und genau an der Stelle sitzt, an der mein Vater verletzt wurde, als würde er auf unsere Rückkehr warten. Quelle |
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