Betr.: Alleinvertretungsanspruch; Bruch des Oslo-Abkommens; „Israel liebt Kriege“, Erschütternder Brief aus dem Gazastreifen; Meinungsfreiheit nur für türkische Politiker?; Zitate 23 u. a. - 9. März 2017 - Rundbrief 186 - Siegfried Ullmann
Beim 2. Zionisten-Kongreß in Basel am 28. August 1898 beanspruchte Max Nordau den Alleinvertretungsanspruch der Zionisten für das Judentum. Erich Fried hat Nordaus Redetext in einem Prosagedicht wiedergegeben:
Die jüdischen Gegner des Zionismus aber / und wären sie heute noch so zahlreich/
Sind bestimmt / als Juden zu verschwinden /
Wahrscheinlich ist dies / Ihr geheimer Herzenswunsch/
Er wird / sicher erfüllt werden /
Darum ist es unzulässig / daß man von einer /
zionistischen Partei / im Judentum spricht
Wir weisen diese Bezeichnung / mit Spott und Verachtung zurück /
Die Zionisten sind keine Partei / sie sind das Judentum selbst ...
(Quelle: Erich Fried „Höre Israel – Gedichte gegen das Unrecht“)
Der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Mehrzahl der jüdischen Gemeinden in Deutschland erheben (unterstützt von deutschen Philosemiten) jetzt diesen Alleinvertretungsanspruch. Juden, die eine andere Meinung vertreten, weil sie ihrem moralischem Kompaß folgen, werden bezichtigt, jüdische Antisemiten zu sein und nicht nur ausgegrenzt, sondern sogar als Verräter oder Feinde betrachtet.
Einer von denen war der Auschwitz-Überlebende Hajo Meier. Dieser sagte einmal in einem Interview: Eine der größeren Verstimmungen in meinem Leben ist, daß Israel mit einem Trick sich selbst „jüdischer Staat“ nennt, während er zionistisch ist. Er wünscht ein Maximum von Land mit einem Minimum von Palästinensern. Ich habe vier jüdische Großeltern. Doch bin ich Atheist. Ich teile das jüdisch-sozio-kulturelle Erbe und ich habe die jüdische Ethik gelernt. Ich will aber nicht von einem zionistischen Staat vertreten werden. Sie haben keine Ahnung vom Holocaust. Sie benützen ihn aber und pflanzen die Paranoia in ihre Kinder. (https://electronicintifada.net/content/auschwitz-survivor-i-can-identify)
Durch ein gerade von der Knesset verabschiedetes Gesetz sollen nicht nur BDS-Befürworter sondern auch Unterstützer für einen Boykott von Siedlungsprodukten am Betreten des Landes gehindert werden. Das sollten alle, die eine Israelreise planen, berücksichtigen. Näheres unter http://www.taz.de/!5386384/
„Das Böse beginnt mit Gleichgültigkeit“ ist der Titel eines außerordentlich interessanten Gesprächs mit der israelischen Soziologin Eva Illouz. Sie beschreibt darin, wie der Sieg im Sechs-Tage-Krieg den jüdischen Staat verändert, was die Herrschaft über ein Volk bedeutet und was Israels Premier Netanjahu und US-Präsident Trump gemeinsam haben: http://www.fr.de/politik/israel-das-boese-beginnt-mit-gleichgueltigkeit-a-1020346
Eva Illuz hatte ebenfalls im Spiegel ein hervorragendes Interview gegeben: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-128476285.html
In seinem Kommentar „Napoleons Kanonen“ erinnert Uri Avnery an den Bruch des Oslo-Abkommens: „Im Oslo-Abkommen verpflichtete sich Israel vier „sichere Passagen“ zwischen der Westbank und dem Gazastreifen zu öffnen, eine Strecke von etwa 40km durch israelisches Gebiet. Es ließ den Charakter dieser Passagen offen – exterritoriale Straßen, eine Eisenbahn-Linie oder was auch immer. Tatsächlich wurde nie eine Passage eröffnet, auch wenn Straßenschilder schon gesetzt waren, die später wieder weggenommen wurden. Dies war und ist ein flagranter Bruch des Abkommens.“
Der israelische Journalist Gideon Levy schrieb in seinem Kommentar vom 2. 3. 17 mit dem Titel „Israel liebt Kriege“: „Gaza verwöhnt Israel mit Luxuskriegen. Es gibt nichts, was Israel mehr liebt als einen Krieg gegen eine Nicht-Armee, gegen jene, die keine Luftschutzkeller haben, keine Waffen, keine Artillerie, nur eine Armee von Barfüßigen und Tunnel, die Israel erlaubt, Geschichten von Helden zu erzählen und von trauerndem Verlust. Israels Bombardements der Hilflosen – aus irgendeinem Grund Krieg genannt, mit minimalen israelischen Todesfällen und maximalen palästinensischen Todesfällen – das ist es, was wir am Krieg lieben. Da sollte ein großer Schrei gewesen sein, der von einem Ende zum andern Ende tönte, doch wurde er vom Unsinn der Tunnel verschlungen. Jedes Kind in Gaza weiß, daß es eine Alternative gibt: wenn Gaza sich in die Welt hinaus öffnet, dann wird es ganz anders sein. Aber dafür werden mutige israelische Führer nötig sein – doch von diesen gibt es keinen. Massen von Israelis wären nötig, um unmißverständlich „Nein“ zu sagen, nein zu Kriegen – und die gibt es auch nicht. Warum? Weil Israel Kriege liebt.“
Unter welchen Bedingungen die Menschen im Gasastreifen leben und welche Anzeichen es für einen neuen Krieg gegen die dortige Bevölkerung gibt, beschreibt Dr. A. Schokry in seinem beigefügten erschütternden Brief. In Israel gibt es Forderungen, das „Problem Gasastreifen“ ein für allemal zu lösen. (...)
Die Bundesregierung unterstützt weiterhin die Waffenverkäufe in Krisengebiete und damit deren Militarisierung. So will Israel drei weitere, für die Bestückung mit Atomwaffen ausgestattete, hochmoderne U-Boote für rd. 1,5 Milliarden Euro kaufen. Davon sollen 570 Millionen Euro, also rd. ein Drittel der Kosten, zu Lasten der deutschen Steuerzahler übernommen werden. Mit diesen U-Booten kann Israel weltweit jeden Staat angreifen und weitgehend vernichten. (Quelle: Der Spiegel 10/2017)
Weitere Informationen unter palästina portal, sicht-vom-hochblauen (wöchentliche Kommentare), Der Semit (z. B. „Aus der Geschichte lernen!“) www.bib-jetzt (Themen der Woche) (...).
„Schweigen ist Verrat“ sagte der amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King. Aber man will uns zum Schweigen bringen, damit nicht darüber informiert und diskutiert wird, was in Israel und Palästina geschieht.